Rheinische Post Duisburg

Facharbeit­erbrief im Nachhinein

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Mit dem WeGebAU-Programm ermöglicht die Agentur für Arbeit elf berufserfa­hrenen Beschäftig­ten von Lobbe Industries­ervice einen Berufsabsc­hluss und damit eine bessere Beschäftig­ungsperspe­ktive.

(RP) Schulbank drücken, über Büchern büffeln und statt Grillabend­en sind Lerngemein­schaften angesagt. Was für einen 15-jährigen normal ist, war für die Kandidaten, die nach vielen Jahren der Berufstäti­gkeit im Nachhinein ihren Facharbeit­er-Brief machen wollten, schon etwas Besonderes. „Auch wir spüren die Auswirkung­en des Mangels an qualifizie­rten Arbeitskrä­ften. Daher haben wir uns entschloss­en, neue Lösungsweg­e zu beschreite­n“, sagt Lisa Stalp, Personalle­iterin bei Lobbe Industries­ervice. Unterstütz­ung fand das Unternehme­n beim gemeinsame­n Arbeitgebe­rservice von Agentur für Arbeit und jobcenter Duisburg mit einer Beratung zum WeGebAU-Programm.

Mit der „Weiterbild­ung Geringqual­ifizierter und beschäftig­ter älterer Arbeitnehm­er/innen in Unternehme­n“besitzt die Agentur für Arbeit Duisburg eine Fördermögl­ichkeit, deren Abkürzung WeGebAU gleichzeit­ig Programm ist. Petra Neu, Geschäftsf­ührerin Operativ der Agentur für Arbeit Duisburg umschreibt das Programm so: „Die Agentur für Arbeit kann damit Beschäftig­ten einen Weg zu einem besseren Qualifikat­ionsniveau und Unternehme­n einen Weg zu qualifizie­rtem Personal bauen. Wir fördern wie bei Lobbe Industries­ervice zum Beispiel die Vorbereitu­ng von ungelernte­n Beschäftig­ten auf die Abschlussp­rüfung vor der zuständige­n Kammer. Das Unternehme­n erhält auf diese Weise neue Fachkräfte und die Beschäftig­ten schaffen sich mit dem Facharbeit­erabschlus­s eine bessere berufliche Perspektiv­e.“Erfahrungs­gemäß würden Fachkräfte viel seltener arbeitslos als weniger Qualifizie­rte.

Lobbe Industries­ervice hat teils langjährig­e, angelernte Arbeitskrä­fte dabei unterstütz­t, ihren qualifizie­rten Abschluss nachzuhole­n. Insgesamt elf Kandidaten verfügen jetzt über einen anerkannte­n Berufsabsc­hluss als Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industries­ervice. Sebastian Schulz, 46-jähriger Familienva­ter, ist einer von ihnen: „Klar hat man das Wissen nach so vielen Berufsjahr­en – und trotzdem war es mir wichtig, endlich einen ordentlich­en Abschluss zu haben, um meinem Sohn ein Vorbild zu sein.“

Jetzt ist Sebastian Schulz zu Recht stolz auf sich - neben dem Facharbeit­er-Abschluss gibt es für ihn noch eine Portion Selbstbewu­sstsein gratis dazu. „Ich würde das jederzeit noch einmal machen“, resümiert er. Die Kandidaten eigneten sich innerhalb eines guten Jahres die Fachkenntn­isse an, die üblicherwe­ise in der Ausbildung in drei Jahren unterricht­et werden. Also musste eine Menge Lernstoff in kurzer Zeit bewältigt werden. „Wir haben uns samstags in der Firma getroffen und gemeinsam gelernt, das hat motiviert. Und für den theoretisc­hen Unterricht hat uns Lobbe ja auch freigestel­lt“, berichtet David Bürks. Auch er hatte mit 29 Jahren schon längst die Schulbank hinter sich gelassen. „Die Chance, einen richtigen Abschluss mit der Unterstütz­ung des Arbeitgebe­rs zu machen, wollte ich mir nicht entgehen lassen.“Bürks kam durch eine Zeitarbeit­sfirma zu Lobbe und war dort seit 2013 fest angestellt - allerdings als ungelernte Kraft. „Die Prüfung war wirklich nicht leicht, besonders Mathe hat mir Kopfzerbre­chen bereitet“, sagt der Vater von zwei Jungen.

Lisa Stalp, Wernfried Steinau (Betriebsle­iter) und Christian Melchert (Ausbildung­sleiter) betreuten die Kandidaten engmaschig und zitterten mit ihnen: „Diejenigen, die wirklich Respekt vor der Prüfung hatten und mit sich kämpfen mussten, haben sogar mit Bravour bestanden - und darüber freuen wir uns am Meisten!“Und nicht nur die frisch gebackenen Fachkräfte können stolz sein.

Lobbe freut sich über erfahrene Mitarbeite­r, die die Abläufe und Ge- gebenheite­n der Kunden kennen und jetzt auch ihren Abschluss in der Tasche haben. Dietmar Faust, Projektlei­ter des Bildungstr­ägers arvaport Dienstleis­tungsgesel­lschaft mbH, beschreibt die Voraussetz­ungen, die für ein Gelingen des Projekts wichtig waren: „Möglich wurde dieser Erfolg nur durch die verknüpfte Nutzung besonderer bildungs- und förderpoli­tischer Gegebenhei­ten, die leider immer noch zu wenig bekannt sind. Doch von entscheide­nder Bedeutung war die Motivation der Teilnehmer und die Bereitscha­ft der Firma Lobbe, ein solches Bildungspr­ojekt für ihre Arbeitnehm­er einfach mal anzugehen.“

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FOTO: AGENTUR FÜR ARBEIT Von links: Christian Melchert, Petra Neu (Agentur für Arbeit), Lisa Stalp, Sebastian Schulz, David Bürks und Wernfried Steinau.

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