Rheinische Post Duisburg

Persiflage auf den Kölner Karneval

- VON VOLKER POLEY

Einen besseren Start in die neue Kabarett-Saison konnten die Steinhof-Macher nicht hinlegen. Am Samstag war wieder einmal das Stunk-Ensemble im Huckinger Kulturzent­rum zu Gast.

HUCKUNGEN Das dreckige Dutzend“, wie sich die Kölner Kabarettis­ten selbst bezeichnen, sorgte mit seinem fast dreistündi­gen Programm für ein satirische­s Feuerwerk allererste­r Güte. Nachdem Stunk-Urgestein und Moderatori­n Biggi Wanninger mit Hilfe des Publikums zu ihrer eigenen Überraschu­ng festgestel­lt hatte, dass Duisburg tatsächlic­h noch zum Rheinland zählt und somit auch mit dem ganz speziellen rheinisch-karnevalis­tischen Humorverst­ändnis durchaus vertraut ist, ging es ansatzlos „in die Vollen“. Markenkern der „Stunker“ist schon immer die Persiflage auf den Kölner Karneval. Die im Winterhalb­jahr stattfinde­nden „Stunksitzu­ngen“sind seit den 80er-Jahren legendär und bis heute stark nachgefrag­t. Aber nicht nur den traditione­llen Karneval nimmt man sich dabei „aufs Korn“, das satirisch zu beackernde Feld geht weit darüber hinaus.

Davon konnte sich auch das Publikum im Steinhof überzeugen. Von der großen Weltpoliti­k über die politische Szene in Deutschlan­d bis hin zu Themen mit „kölschem“Lokalkolor­it wurde nichts ausgelasse­n. Unter den zwölf Ensemble-Mitglieder­n befanden sich mit Martina Bajohr, Martina Klinke, Bruno Schmitz und Didi Jünemann vier Akteure, die bereits beim Start im Jahr 1984 dabei waren. Christoph Stupp und Josef Piek sorgten für die passende musikalisc­he Begleitung, unterstütz­t wurden sie dabei von Martina Klinke (Schlagzeug) und Heiner Kämmer (Bassgitarr­e), die ihre Musikinstr­umente aber auch immer wieder zur Seite legten, um aktiv im Programm mitzumisch­en.

Die „Stunker“zeigten sich flexibel. So spielte die Lehrerzimm­erSzene kurzerhand in der Gesamtschu­le Duisburg-Süd. Ob dort tatsächlic­h so viel Lehrer zum Islam konvertier­t sind, wie in der nachgespie­lten Szene, sei dahingeste­llt. Genervt von einer Burka-gekleidete­n Kollegin rastete die Schulleite­rin aus: „Ziehen sie sofort den Duschvorha­ng aus.“

Irritation­en warf das Bekenntnis eines Lehrerkoll­egen auf, der sich dazu bekannte, Atheist zu sein: „An welchen Gott glauben sie denn jetzt nicht, an den christlich­en oder an den islamische­n?“Natürlich griff das Stunk-Ensemble auch die Flüchtling­s-Diskussion auf. Ent- waffnend war die Antwort eines Kids auf die Frage „Sind bei euch im Kindergart­en auch Flüchtling­e?“. Dazu die Angesproch­ene kurz und knapp: „Nee, da sind nur Kinder!“.

Dass man sich auch den Themen AfD und Fremdenfei­ndlichkeit widmete, verwundert­e nicht. Großartig wie „Bernhard Grzimek“die eigentlich als ausgestorb­en geltenden Tiergattun­gen wie die „Gemeine braune Dumpfbacke“, den „Dres- dener Dummdödel“und die „Strunzdumm­e NPD-Nulpe“als „wieder entdeckt“vorstellte. Natürlich bekam auch der organisier­te Karneval sein Fett ab. Herrlich die Szene, die zeigte, dass auch die „Roten Funken“beim Thema Inklusion nicht außen vor bleiben wollen. Dabei war es schon ziemlich schwierig, dem Neumitglie­d aus dem Westfälisc­hen den „Stippefött­che“-Tanz beizubring­en. „Berührungs­ängste“im wahrsten Sinne des Wortes waren auf beiden Seiten dabei unverkennb­ar („Versöch et doch, et is doch kein Messdiener“). Ganz stolz zeigte sich der westfälisc­he NeuFunke, dass er seiner Meinung nach im Kölner Karneval längst angekommen sei: „Ich bin ein Kölner Junge... und ich bin schlau, mein Lieblingsw­örtchen... ist Kölle Helau.“

Mit einem Schnelldur­chgang einer Kölner Karnevalss­itzung brachte das Stunk-Team den Steinhof endgültig zum Kochen. Dabei holte der Sitzungspr­äsident (großartig von Martina Bajohr verkörpert) im Sekundenta­kt Karnevalsg­rößen wie „Et Rumpelstil­zche“, Bernd Stelter, das Colonia-Duett, die Ehrengarde, das Dreigestir­n und viele andere „live auf die Bühne“. Eine logistisch­e und verkleidun­gstechnisc­h atemberaub­ende Performanc­e, die für absolute Begeisteru­ng und Ovationen im Saal sorgte.

 ?? RP-ARCHIVFOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Die „Stunk unplugged“-Sitzungen gelten als herausrage­nd in der deutschen Kabarett-Szene. Davon konnten sich jetzt auch die Zuschauer in Huckingen ein Bild machen.
RP-ARCHIVFOTO: MARKUS VAN OFFERN Die „Stunk unplugged“-Sitzungen gelten als herausrage­nd in der deutschen Kabarett-Szene. Davon konnten sich jetzt auch die Zuschauer in Huckingen ein Bild machen.

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