Glückauf, der Steiger geht
In der St. Johannes-Kirche ging eine 135 Jahre dauernde Ära zu Ende. Der Homberger Knappenchor gab im voll besetzten Gotteshaus sein letztes Konzert.
HOMBERG „Glückauf, der Steiger kommt!“- Es war 18.37 Uhr, als der Knappenchor Homberg nach 135 Jahren zum letzten Mal die Hymne des Reviers, das bekannteste aller Bergmannslieder, anstimmte. Danach ging in der katholischen Kirche St. Johannes in Alt-Homberg eine lange Ära zu Ende. Denn der traditionsreiche Knappenchor wird sich zum Jahresende aus Altersgründen auflösen. Die Homberger würdigten dieses Ereignis angemessen: Alle Stühle im Gotteshaus waren besetzt, die Besucher spendeten dem Chor lebhaften Beifall, vereinzelt auch Bravo-Rufe. So wurde das Fest- und Abschiedskonzert des Chores, dirigiert von Axel Quast, zum letzten Höhepunkt in der 135jährigen, bewegten Erfolgsgeschichte des Bergmannschores. Es wurde ein Abschied voller Stolz und Wehmut.
Der Chor sang im Chor. Der Altarraum von St. Johannes war festlich mit brennenden Grubenlampen, der Traditionsfahne des Chors und Blumen geschmückt. Voller Inbrunst intonierten die 32 älteren Sänger in ihren schwarzen Bergmannsuniformen noch einmal ein abwechslungsreiches Programm: Werke alter Meister der Romantik, dazu Bergmann- und Wanderlieder, mal erhaben, mal schmissig, immer kräftig und voller Temperament oder gefühlvoll, immer wie aus einem Guss. Der „Trösterin Musik“von Anton Bruckner zum Auftakt folgten das „Morgengebet“von Arnold Kempkens, der „Sonntag“von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Kempkens, schließlich „Das Abendständchen“von Mendelssohn-Bartholdy. Dem Wald, dem Sehnsuchtsort der Deutschen, widmete sich das Ensemble mit „Der Jäger Abschied“von Mendelssohn-Bartholdy, dem „Nachtgesang im Walde“von Franz Schubert, schließlich dem Eröffnungschor aus Giuseppe Verdis Oper „Ernani“.
Danach erklangen Lieder der Romantik, „Der Lindenbaum“und „Im Abendrot“, beide von Franz Schubert, und „Frisch gesungen“von Friedrich Silcher. Der romantischen Wanderlust zollte der Chor mit „Der Wandr`r“( Gerd Sorg), „Frei weg (Jakob Christ) sowie dem Potpourri „Wohlauf in Gottes schöner Welt“(Willy Trapp) Tribut. Dazwischen steuerte das Westfälische Hornquartett das „Notturno“von Nikolaj Rimskj-Korsakow und „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“(Lothar Brühne) bei. Und die russische Meisterpianistin Olga Andryushchenko brillierte mit einem virtuosen Klaviersolo aus der Oper „Rigoletto“(Giuseppe Verdi, Franz Liszt).
Zu vorgerückter Stunde fand Herbert Bruckschen, der Vorsitzende des Chors, Worte zum Anlass des Konzerts: „Ich bedanke mich bei allen Sängern, unserem treuen Publikum, unserem Dirigent Axel Quast und den Bergbaugesellschaften, die uns in all den Jahren immer unterstützt haben.“Dann schmetterte der Knappenchor noch einmal besonders stimmungsvoll das „Steiger-Lied“, begleitet von Hörnern, die Fanfare des Ruhrgebiets und seiner Bergbaugeschichte, eine Ära, die sich genauso dem Ende zuneigt wie die Zeit des Knappenchors.
Bekanntlich werden 2018 die beiden letzten Steinkohlezechen in Bottrop und Ibbenbüren geschlossen, auch daran erinnerte Bruckschen. Während der Knappenchor das Steigerlied sang, hielt ein Bergmann im Publikum eine leuchtende Grubenlampe hoch. Das Publikum lauschte ergriffen, den zahlreichen älteren Konzertbesuchern war bewusst, dass in diesem Moment eine ganz besondere Ära zu Ende ging. Die Zuhörer zollten den verdienten Sängern Tribut und applaudierten für 135 Jahre vorzügliche musikalische Unterhaltung, stehend und lang anhaltend. Der Knappenchor ist jetzt Geschichte.