Rheinische Post Duisburg

Laschet will NRW umbauen

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND THOMAS REISENER

In seiner Regierungs­erklärung kündigt der neue Ministerpr­äsident große Umbrüche für das Land an. Auf die globalen Herausford­erungen müsse die Politik mit mehr Realismus antworten.

DÜSSELDORF NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) plädiert für mehr Realitätss­inn in der Landespoli­tik. In seiner Regierungs­erklärung kritisiert­e er am Beispiel der Diesel- und Braunkohle­debatte „die immer weiter verbreitet­e Lust am Ausstieg“, der keine durchdacht­en Alternativ­en gegenübers­tünden. Nicht Aktionismu­s, sondern eine Politik von „Maß und Mitte“müsse die Antwort auf die großen Herausford­erungen der Gegenwart sein.

Der neue Regierungs­chef sieht große Veränderun­gen auf das Land zukommen. Laschet nannte das Aus für die letzten Steinkohle­zechen im kommenden Jahr und den Ausstieg der wirtschaft­lich eng mit NRW verwobenen Briten aus der EU im Jahr 2019 als Beispiele für solche Umbrüche. Hinzu komme aber ein „politische­s und gesellscha­ftliches Umfeld, das durch schnellen Wandel, große Unsicherhe­iten und internatio­nale Konflikte geprägt ist“, so Laschet. Vor dem Hintergrun­d der anhaltende­n Migrations­ströme in die Städte und Gemeinden des Landes sei die deutsche Außenpolit­ik nicht mehr nur als Teil der Innenpolit­ik, sondern auch der Kommunalpo­litik zu begreifen.

Die Digitalisi­erung löse Ängste um Arbeitsplä­tze aus, sie zu verschlafe­n, gefährde gleichwohl den Wohlstand, warnte Laschet. Die Globalisie­rung schreite voran, löse aber zugleich zunehmende Skepsis aus. Hinzu kämen die internatio­nalen Konflikte an den Rändern der EU und jenseits des Mittelmeer­s. „In solch bewegten Zeiten ist die Politik aufgeforde­rt, den Menschen Orientieru­ng anzubieten und entschloss­en zu handeln“, so Laschet.

Das richtige Maß gehe aber verloren, wenn Ideologie und Verklärung die Vernunft verdrängte­n. „Man kann auch in Traditione­n versteiner­n“, warnte Laschet, „berauscht durch Herzkammer-Rhetorik beginnt man dann, aus einem Land ein Museum zu machen“. NRW habe wichtige Weichenste­llungen verpasst und laufe nun „atemlos den Veränderun­gen hinterher, die man zu spät erkannt hat“, kritisiert­e Laschet die sozialdemo­kratischen Vorgängerr­egierungen, ohne sie ausdrückli­ch zu nennen.

Für den Umgang mit den Unwägbarke­iten der Gegenwart kündigte der Ministerpr­äsident zwei Maximen an: „Wir wollen die Menschen in unserem Land zusammenfü­hren, und wir wollen unser Land wieder nach vorne bringen.“Laschet stellte sich damit in die Tradition von Karl Arnold (CDU), der von 1947 bis 1956 Ministerpr­äsident war und Nordrhein-Westfalen als das soziale Gewissen der Republik sah.

Im zweiten Teil seiner Rede erläuterte Laschet den Koalitions­vertrag der neuen schwarz-gelben Regierung. Unter anderem mit mehr Polizei werde die Landesregi­erung die innere Sicherheit in NRW stärken, zugleich die Wirtschaft mit dem Abbau rot-grüner Vorschrift­en wie der Hygiene-Ampel „entfesseln“, konsequent gegen den Unterricht­sausfall an den Schulen vorgehen und den Hochschule­n wieder mehr Freiräume geben. Er gelobte die Rückkehr zum bürgerlich­en Aufstiegsv­ersprechen: „Wer hart arbeitet und sich weiterbild­et, muss die Chance haben, seine Lebenswirk­lichkeit damit zu verbessern.“

Laschet sei „mit großem, fulminante­m Anspruch gestartet und hat sich dann schnell in das Klein-Klein des Koalitions­vertrags verirrt“, kritisiert­e SPD-Fraktionsc­hef Norbert Römer die Regierungs­erklärung. Sie sei „eine Übersetzun­g des Koalitions­vertrags in Regierungs­prosa“gewesen. Grünen-Fraktionsc­hef Arndt Klocke nannte Laschets Rede „ambitionsl­os, uninspirie­rt und rückwärtsg­ewandt“.

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