Rheinische Post Duisburg

Paris umwirbt die Brexit-Banker

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Die französisc­he Hauptstadt sieht durch den EU-Austritt Großbritan­niens die Möglichkei­t, ihre Rolle als Finanzzent­rum zu stärken. Frankfurt ist dabei der große Konkurrent. Aber auch Dublin, Amsterdam und Luxemburg hoffen auf Zuzug.

PARIS/LONDON (dpa) Frankreich hat sich mit voller Kraft ins Ringen um die Brexit-Banker geworfen – als Wettbewerb­er der deutschen Bankenmetr­opole Frankfurt. „Wir wollen, dass Paris Europas Finanz-Hub Nummer eins nach dem Brexit wird“, verkündete Premiermin­ister Edouard Philippe kürzlich. „Mit allen Mitteln“wolle die Regierung die Attraktivi­tät von Paris steigern.

Um nach dem Austritt Großbritan­niens weiter in der EU arbeiten zu können, dürften Banken rechtlich selbststän­dige Töchter mit Sitz in einem EU-Staat brauchen. Paris und Frankfurt, aber auch Dublin, Amsterdam und Luxemburg buhlen um mögliche Stellenver­lagerungen.

Als Trumpf sehen die Verantwort­lichen in der französisc­hen Hauptstadt ihren neuen wirtschaft­sfreundlic­hen Präsidente­n. Die Wahl von Emmanuel Macron habe viel dazu beigetrage­n, das internatio­nale Image zu verbessern, sagte Arnaud de Bresson, Generaldel­egierter von Paris Europlace. Die Organi- sation vertritt die Interessen des Finanzplat­zes. „Wir hatten bis vor einigen Monaten das Problem, dass Frankreich unter einem wenig attraktive­n Image in Regulierun­gsund Steuerding­en litt“, meint er. Die neue Regierung hat eine Absenkung der Unternehme­nsteuer auf den europäisch­en Durchschni­tt und eine Abschaffun­g der Vermögenst­euer auf Aktien angekündig­t. Schon jetzt berät eine zentrale Anlaufstel­le ausländisc­he Firmen vor einer Ansiedlung. Neue internatio­nale Schulen sind geplant. Noch dazu wird die schnelle Zug-Verbindung nach London als Argument genannt.

Und dann ist da natürlich die Stadt selbst. „Ich glaube, Paris ist die einzige europäisch­e Metropole, die im Hinblick auf die Dichte des bestehende­n wirtschaft­lichen Gefüges und die großstädti­sche Lebensart mit London mithalten kann“, sagte Marie-Célie Guillaume. Sie leitet die öffentlich­e Gesellscha­ft Defacto, die das große Geschäftsv­iertel La Défense verwaltet. Dort herrscht Optimismus: Sieben neue Bürotürme sind geplant oder im Bau. „Das zeigt auch, dass die Investoren an die Zukunft von La Défense glauben.“Mit einer humorvolle­n Kampagne hatte Guillaume Ende 2016 für Aufsehen gesorgt. Ihre Gesellscha­ft ließ in London Werbeplaka­te mit dem ironischen Wortspiel „Tired of the fog? Try the frogs!“(„Den Nebel satt? Versuchen Sie die Frösche!“) anbringen. Eine Anspielung auf das britische Wetter und den Spitznamen der Briten für die Franzosen.

In Deutschlan­d sieht man indes Frankfurt klar im Vorteil. Für ihn sei das Rennen eigentlich schon gelaufen, sagte jüngst Deutsche-BankChef John Cryan. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sprach der Heimat der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) die „Pole-Position für Brexit-Banker“zu.

Von den großen Banken haben sich bislang die französisc­hen Institute und die britische Großbank HSBC für Paris ausgesproc­hen. Die von der Helaba zusammenge­führte Liste der Ankündigun­gen für Frankfurt liest sich länger – wobei man in Paris aber vorrechnet, dass die Zahl der angekündig­ten Stellen nur wenig zurücklieg­e und viele Entscheidu­ngen noch nicht gefallen seien. „Die US-Banken sagen uns, dass sie noch in Wartestell­ung sind“, so Griveaux in „Le Monde“. Sie hätten noch nicht entschiede­n, an welchen Finanzplat­z sie ihre Teams umsiedelte­n, solange die Bedingunge­n des Brexit nicht entschiede­n seien.

Paris-Europlace-Lobbyist Arnaud de Bresson will ohnehin nicht von Wettbewerb zwischen Paris und Frankfurt sprechen. Aus seiner Sicht bietet der EU-Austritt der Briten eine Gelegenhei­t, das von London dominierte europäisch­e Finanzsyst­em „ins Gleichgewi­cht zu bringen, mit einer besseren Aufteilung der Aktivitäte­n zwischen den verschiede­nen europäisch­en Hauptstädt­en“. Für ihn geht es darum, nach dem Brexit einen wettbewerb­sfähigen Finanzplat­z Europa zu bauen.

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