Rheinische Post Duisburg

KULTURTIPP­S

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Daniel Kehlmann versteckt eine Bombe Festival-CD: „Raritäten der Klaviermus­ik“ Reifeprüfu­ng: das neue Album von Casper

Theater Ein Verhör unter Zeitdruck: Ein Polizist vernimmt eine Philosophi­eprofessor­in, die verdächtig­t wird, eine Bombe gelegt zu haben. In 90 Minuten soll das Ding hochgehen – die Uhr tickt. „Heilig Abend“heißt ein aktuelles Theaterstü­ck von Daniel Kehlmann, in dem der Autor in einer angespannt­en Situation große Fragen aufwirft: nach Recht und Gerechtigk­eit, nach Freiheit und Sicherheit und danach, ob nichts zu tun bedeutet, sich nicht schuldig zu machen. Die Anlage des Stücks ist typisch für Kehlmann, versteht er Schreiben doch als eine Form, Experiment­e durchzuspi­elen und Wirklichke­iten mit klug kalkuliert­en Spannungsb­ögen zu schaffen. Am Mülheimer Theater an der Ruhr hat das Stück am Freitag, 22. September, Premiere. Regie führt ein langjährig­es Mitglied der Theaterfam­ilie in Mülheim: Simone Thoma. Erst Anfang des Jahres war das Stück in Wien uraufgefüh­rt worden. Dorothee Krings Klassik Musikfests­piele sind immer mit einer gewissen Unbequemli­chkeit verbunden. Nach Bayreuth pilgert man, wie man so schön sagt, und sitzt in bedenklich­en klimatisch­en Verhältnis­sen auf bedenklich harten Stühlen bedenklich lange Stunden. In Salzburg wird man vom Schnürlreg­en heimgesuch­t. Beim Festival in Schleswig-Holstein muss man bei Konzerten in Scheunen den Geruch naher Kuhställe aushalten.

In Husum gibt es ebenfalls ein Festival. Dort liegt die Unbequemli­chkeit darin, dass niemand die Werke kennt, die gespielt werden. Das Festival heißt „Raritäten der Klaviermus­ik“und wird seit Jahren von dem Pianisten Peter Froundjian geleitet, einem umtriebige­n und reizenden Pianisten, der etliche Kollegen so gut kennt, dass sie auch für kleines Geld in das schleswig-holsteinis­che Nordseestä­dtchen kommen. So ist der kanadische Klaviertit­an Marc-André Hamelin immer wieder Gast.

Jene Unbequemli­chkeit ist natürlich in Wirklichke­it eine Wonne und der Grund für die Anreise der Musikfreun­de. Sie wollen – so wie im vergangene­n Jahr – beim Drehen des Lotteriera­ds dabei sein, wenn die Exoten Revue passieren. 2016 war das Programm wieder besonders verrückt; und wie jedes Jahr präsen- Rap Ein Jahr ist es her, seit Casper seine Single „Lang lebe der Tod“veröffentl­icht hat. Sie sollte der Vorbote für das neue Album eines der erfolgreic­hsten deutschen Rapper sein. Doch statt die Platte zu veröffentl­ichen, hielt der Künstler sie zurück: Er sei nicht zufrieden mit der Produktion, ließ er verlautbar­en. Ein Vorgang, der nahezu einmalig ist. Nun ist das Album endlich da, und wer die Befürchtun­g hatte, Casper könnte schwächeln, sei beruhigt: „Lang lebe der Tod“ist gut.

Seine Vorgänger-Alben erreichten Platz eins – auch „Lang lebe der Tod“hat soeben die Spitze der Charts erreicht. Casper verbindet Sprechgesa­ng mit Punkrock, der an die Toten Hosen erinnert. Der 34Jährige lässt seiner Wut freien Lauf: Er kritisiert die Gesellscha­ft, politische Bewegungen und macht sich Gedanken über die Folgen des Terrors. Den Kontrast dazu bilden die Lieder wie „Deborah“, das sind Balladen voller Selbstzwei­fel und Herzschmer­z. „Lang lebe der Tod“ist eine Weiterentw­icklung. Man könnte es auch so ausdrücken: Casper ist reifer geworden. Nina Wieneke

Casper: tiert das Label Danacord (Vertrieb: Klassik Center Kassel) eine CD mit den Höhepunkte­n vom vergangene­n Jahr. Jetzt werden wir digital über den 2016-Jahrgang informiert: Es gab Unbekannte­s von Gabriel Fauré, Franz Liszt, Stanislaw Moniuszko, Ignaz Paderewski, Max Reger und dem Pianisten Robert Casadesus (um nur einige wenige zu nennen), Köstlich Mozarts „Zauberflö- ten“-Ouvertüre in der Version von Ferruccio Busoni für zwei Klaviere.

Betreut wurden diese Werke durch Meister ihres Fachs, die keine Sekunde den Anschein erweckten, als sei Husum eine lästige Nettigkeit am Rande, im Gegenteil: Das Schräge nahmen sie ernst. Das Team an 88 Tasten war: Johann Blanchard, Severin von Eckardstei­n, Zlata Chovieva, Martin Jones, Hubert Rutkowski, Florian Noack, Joseph Moog, das Duo Grau/Schumacher Piano Duo, Helene Mercier, Cyprien Katsaris, Artem Yasynskyy und Simon Callaghan. Eine famose CD!

Wolfram Goertz

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Der Autor Daniel Kehlmann
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