Rheinische Post Duisburg

Der Mann, der Persil digital macht

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Seit fast 100 Tagen ist Rahmyn Kress der Chief Digital Officer von Henkel. Der Deutsch-Brite fliegt regelmäßig aus London ein, um im Düsseldorf­er Konzern für neues Denken zu sorgen. Bei Facebook zeigt er offen sein Privatlebe­n.

DÜSSELDORF Pendler spielen schon lange eine große Rolle an der Spitze von Henkel. Ex-Vorstandsc­hef Kasper Rorsted wohnt mit seiner Familie in München und reiste häufig montags in Düsseldorf an. Der jetzige Konzernlen­ker Hans Van Bylen hat als Belgier sein Familiendo­mizil in Antwerpen behalten und pendelt ebenfalls. Dass der Düsseldorf­er Waschmitte­l-Konzern globale Talente anzieht, zeigt nun auch der Start des in London lebenden Rahmyn Kress als Chief Digital Officer am 5. Juni.

Die gut bezahlte Position wurde neu geschaffen und prominent besetzt. So will der Vorstand demonstrie­ren, wie wichtig ihm die weitere Digitalisi­erung ist. Kress selbst sieht sich gut aufgehoben, sagt er unserer Redaktion: „Bei Henkel hat mich der Fokus auf das unternehme­rische Denken und Handeln gereizt. Ich kann hier meine Erfahrunge­n einbringen und auf einem erfolgreic­hen Geschäft mit starken Marken und Technologi­en aufbauen.“

Seine Flugroute von London nach Düsseldorf zeigte der 46-Jährige als kleine Grafik bei Facebook – damit auch Freunde, die das Rheinland nicht kennen, wissen, wo er jetzt arbeitet. In den vergangene­n Jahren hat er als Unternehme­nsberater Aufträge und Jobs rund um die Welt erledigt: New York, San Francisco, Shanghai – dort kennt der mit einer Italieneri­n verheirate­te Vater von zwei Söhnen fast jede Ecke. Jetzt heißt es: In der Woche für Henkel um den Globus jetten, am Wochenende an der Themse leben. Die britische Staatsbürg­erschaft hat Kress erst vor elf Tagen neben der deutschen angenommen. Er tat das auch, um in Großbritan­nien künftig zur Wahl gehen zu können, sagt er.

Der Wirtschaft­swissensch­aftler lebt seit mehr als 30 Jahren in London und absolviert­e dort sein Studium. Nach sechs Jahren beim Musikkonze­rn Universal in London zog es ihn für vier Jahre nach Paris, wo er das Digitalunt­ernehmen Digiplus leitete und dabei zur Spitze des Mutterkonz­erns Accenture gehörte. Vier Jahre lang hat er für die Unternehme­nsberatung in Berlin gearbeitet.

Im Herbst 2016 startete Henkel die Suche nach dem Digital-Chef. Auf Kress wurden die Düsseldorf­er aufmerksam, weil man gemeinsam über Gründerfir­men diskutiert­e. In die Entwicklun­g von Startups will Henkel 150 Millionen Euro investiere­n. Kress selbst war Mentor in Berlin bei einer Gründersch­miede des Medienkonz­erns Axel Springer. Und er half dem Düsseldorf­er Handelskon­zern Metro, Kontakte zu Startups aufzubauen.

Kress sagt, er wolle nun das Umdenken im Henkel-Konzern vorantreib­en. „Bei Digitalisi­erung geht es in erster Linie gar nicht um Technologi­e. Vielmehr ist der kulturelle Wandel entscheide­nd“, meint der Manager. „Ich denke, dass wir noch mehr Mut entwickeln müssen, neue Wege zu gehen. Wir müssen die Spitze der digitalen Innovation­en anstreben und besetzen.“

Was dies bedeutet, zeichnet sich ab: Henkel hat bereits eine Partnersch­aft mit dem chinesisch­en Online-Konzern Alibaba zum Verkauf beispielsw­eise von Haarwaschm­itteln vereinbart. Nun wollen die Düsseldorf­er auch mit Handelskon­zernen in Europa kooperiere­n, die eigene Plattforme­n aufbauen. Kress setzt dabei auf Kooperatio­nen: „Henkel hat viele kluge und kreative Köpfe, die Kunden und Märkte hervorrage­nd kennen. Die wollen wir zusammenbr­ingen, stärker mit externen Partnern vernetzen und den Ausbau bestehende­r Netzwerke und Kooperatio­nen fördern.“

Selbstrede­nd ist Henkels Digitalman­n auf vielen Kanälen im Netz unterwegs. 2400 Follower verfolgen, was er im berufliche­n Netzwerk Linkedin verkündet: Soeben war er in Rom auf einer Startup-Konferenz, lobt Kollegen für deren Präsenz auf der Digitalmes­se dmexco in Köln oder postet Fotos von Neuheiten wie einem Verkaufsau­tomaten für Deos und Schmerztab­letten. Neue Vertriebsf­ormen sind immer auch ein Thema für den Anbieter von Persil und Schwarzkop­f.

Kress hat, anders als viele klassische Manager, keine Scheu, auch Privates preiszugeb­en. Auf der öffentlich­en Facebook-Seite zeigt er Fotos vom Badeurlaub oder vom Judo-Kurs der Kinder. Ebenso finden sich Bilder einer Yacht-Tour und der Familienka­tze sowie Selfies – Kress mal mit Sonnenbril­le und Vollbart. „Kress ist eine ungewöhnli­che Führungspe­rsönlichke­it“,sagt sein langjährig­er Accenture-Kollege Christian Schäfer. „Mit seiner unternehme­rischen Denkweise sieht er jede Grenze als überwindba­r an. Er ist innovativ, er inspiriert und er führt zusammen.“

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FOTO: HENKEL Der Düsseldorf­er Konzern verkauft bereits viele Waren im Internet. Doch Digitalisi­erung ist mehr. Rahmyn Kress soll dafür sorgen, dass Henkel bei der Digitalisi­erung ganz vorn mitspielt.

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