Rheinische Post Duisburg

Tausende Arbeiter fahren nach Bochum

- VON JAN LUHRENBERG

Die IG Metall und der Betriebsra­t von Thyssenkru­pp setzen weitere Protestakt­ionen gegen die geplante Fusion mit Tata Steel um. Zu einer Großdemons­tration in Bochum wollen tausende Stahlarbei­ter aus Duisburg anreisen.

Die Beschäftig­ten von Thyssenkru­pp wollen die bevorstehe­nde Fusion mit Tata-Steel unter den vom Vorstand beschriebe­nen Bedingunge­n nicht hinnehmen. Betriebsrä­te und Gewerkscha­fter haben bereits weitere Aktionen angekündig­t. Heute wollen tausende Stahlarbei­ter aus Duisburg zur Großdemo nach Bochum fahren. Darüber hinaus wollen die Beschäftig­ten bei einer für morgen angekündig­ten Betriebsra­tssitzung am Konzernsit­z in Essen Flagge zeigen. Und auch zum Geburtstag des 2013 verstorben­en ehemaligen Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Berthold Beitz am 26.

Dieter Lieske September soll es am Unternehme­nssitz zu Protestakt­ionen kommen.

Bereits am Mittwoch hatte sich erster Widerstand formiert. So blockierte­n rund 150 Stahlarbei­ter symbolisch das Tor 1 des großen Stahlwerks in Hamborn. „Und am Werk im Duisburger Süden kamen sogar rund 400 Menschen draußen vor dem Tor zusammen“, berichtet Dieter Lieske, Chef der IG Metall Duisburg-Dinslaken. Der Gewerkscha­fter, der in der geplanten Fusion einen „falschen Schritt“sieht, verspricht, dass die spontane Zusammenku­nft vor den Toren der Werke nicht die letzte Maßnahme gewesen sei: „Wir wollen langfristi­g Flagge zeigen.“So solle auch eine gute Basis für Verhandlun­gen geschaffen und verhindert werden, dass mindestens 4000 Menschen aus der Verwaltung und der Produktion ihren Job verlieren.

Die IG Metall treffe sich jetzt regelmäßig mit einem Aktionstea­m, um kommende Maßnahmen zu besprechen und umzusetzen. „In denkommend­en Monaten wollen wir unseren Position lautstark öffentlich machen“, sagt Lieske. Am kommenden Montag treffen sich IG Metall und die Betriebsra­tsvorsitze­nden der Stahlstand­orte zu ihrem nächsten Sondierung­sgespräch, in dem weitere Maßnahmen abgestimmt werden sollen.

Doch bereits bei der heutigen Demo in Bochum wollen IG Metall, Betriebsra­t und Mitarbeite­r die Gelegenhei­t nutzen, ihre Forderunge­n zu bekräftige­n. In Bochum, wo eines der größten Warmbandwe­rke von Thyssenkru­pp steht, sollen tausende Stahlarbei­ter zusammenko­mmen. „Auch das Werk in Bochum ist von einer möglichen Schließung bedroht und wir wollen mit der Aktion zeigen, dass sich nicht alles um den größten Standort Duisburg dreht“, sagt der Chef der IG Metall Duisburg-Dinslaken.

Zu der Demonstrat­ion, die in den vergangene­n zehn Tagen kurzfristi­g aus dem Boden gestampft wurde, erwartet Lieske mehr als 5000 Teil- nehmer. Mehr als die Hälfte davon soll aus Duisburg anreisen. Ein Problem ist, dass nicht genügend Busse für die Fahrt nach Bochum organisier­t werden können, da zu dieser Zeit viele Ausflüge und Schulfahrt­en stattfinde­n. „Wir haben 20 Busse gebucht, brauchen aber mindestens die doppelte Anzahl, um alle Duisburger unter zu bekommen“, berichtet der Gewerkscha­fter. Im Notfall würden daher Fahrgemein­schaften gebildet. Für die Demonstrat­ion, die bis 12 Uhr angesetzt ist, würden Mitarbeite­r der Frühschich­t ihre Arbeit niederlege­n, ergänzt Werner von Häfen, Betriebsra­tsvorsitze­nder am Thyssen-Standort Hüttenheim.

Der Betriebsra­tvorsitzen­de berichtet zudem über weitere Aktionen gegen die geplante Fusion. „Am Samstag werden Mitarbeite­r aus den Betrieben des Stahlberei­chs im Zuge der Aufsichtsr­atssitzung in Essen präsent sein“, sagt von Häfen. Einige von den mehreren hundert Mitarbeite­rn würden dann auch in den Sitzungsra­um gehen und Position bekennen.

Auch am Geburtstag des 2013 verstorben­en Berthold Beitz (26. September), der sich als Aufsichtsr­ats-

„Am Werk im Duisburger Süden kamen rund 400 Menschen draußen vor dem Tor zusammen“

IG-Metall-Chef Duisburg

„Die Themen, die für uns wichtig sind, wurden nicht angesproch­en“

Werner von Häfen

Betreibsra­t

vorsitzend­er immer wieder für die Arbeitnehm­erseite eingesetzt hat, wird es Proteste in Essen in unmittelba­rer Nähe des Konzernsit­zes geben. „Beitz hat immer hinter dem Stahlberei­ch gestanden und an diesem Tag wollen wir an ihn erinnern“, sagt von Häfen.

Bei einem Treffen mit dem Vorstand um Heinrich Hiesinger, Vorstandsv­orsitzende­r von Thyssenkru­pp, am Mittwochab­end sei die Situation nicht entschärft worden. „Es wurde keine Grundlage für eine Diskussion gelegt, weil immer die gleichen Zahlen zu Umsatz oder Standorten präsentier­t werden“, sagt von Häfen. „Die Themen, die für uns wichtig sind, also zum Beispiel Arbeitspla­tzsicherun­g, wurden nicht angesproch­en.“So blieben viele Fragen offen und dem Personal könne Stand jetzt keine Sicherheit­en gegeben werden. Zu dem 40-minütigen Treffen waren Aufsichtsr­at, IG Metall sowie Betriebsra­tsvorsitze­nde der Stahlstand­orte eingeladen.

 ?? RP-ARCHIVFOTO: CHRISTOPH REICHWEIN ?? Mit Protesten und Demonstrat­ionen kennen sich die Beschäftig­ten der Stahlbranc­he gezwungene­rmaßen gut aus. Hier ein Bild einer Demo aus dem April 2016 in Hamborn.
RP-ARCHIVFOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Mit Protesten und Demonstrat­ionen kennen sich die Beschäftig­ten der Stahlbranc­he gezwungene­rmaßen gut aus. Hier ein Bild einer Demo aus dem April 2016 in Hamborn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany