Metaller ein Arbeitsleben lang – und länger
Günter Wünsch ist seit 70 Jahren Mitglied in der Gewerkschaft. Er musste anfangs noch 56 Stunden pro Woche arbeiten.
MÜNDELHEIM Als Günter Wünsch in die Gewerkschaft eintrat, hatte er noch Reichsmark in der Lohntüte und arbeitete 56 Stunden pro Woche. Inzwischen ist er Rentner und der IG Metall seit 70 Jahren treu. Seine Frau Christel ist ebenfalls langjährige Gewerkschafterin, war in der IG Bau und ist jetzt bei Verdi. „Wir sterben in der Gewerkschaft“, sagt die 84-Jährige, „die braucht uns ja noch. Und unsere Beiträge.“Damit könnten sie nämlich anderen helfen, etwa im Arbeitskampf, und als Rentner sei der Mitgliedsbeitrag ja niedrig.
Die Zeiten, in denen das Paar gemeinsam auf die Straße ging, um für Arbeitnehmerrechte zu demonstrieren, sind zwar vorbei, doch sie erinnern sich noch lebhaft und oft daran. Für die 40-Stunden-Woche haben sie etwa demonstriert und oft für besseres Gehalt. „Ich habe dafür gekämpft, dass wir Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen wie die Männer“, sagt Christel Wünsch, die in den 50ern in einer Polsterei am Fließband malochte. Ohnehin habe die Gewerkschaft für sie viel getan, als sie als junge Frau mal Probleme im Betrieb hatte.
Früher waren IG Metall, IG Bau und Verdi aber mitgliederstärker, sagt Günter Wünsch, der als Maschinenschlosser gearbeitet hat, zunächst auf einer Schiffswerft, dann bei Thyssen-Krupp und schließlich bei Wernert Pumpen in Mülheim. „Ich war als Lehrling kaum im Betrieb, da war ich auch schon in der Gewerkschaft.“Das sei bei fast allen Kollegen so gewesen, sagt er, und die Mitgliedschaft damals selbstverständlich.
„Wir haben aber nicht nur für unsere eigenen Belange protestiert, demonstriert und gekämpft.“Arbeiter untereinander seien damals natürlich solidarisch gewesen, aber auch viele andere Menschen aus dem Ruhrgebiet hätten sich den Arbeitskämpfen angeschlossen. „Man kann aber nicht immer gewinnen“, weiß Christel Wünsch und denkt dabei etwa an die 80er, in denen Krupp in Rheinhausen geschlossen wurde.
Dass bei Thyssen jetzt gut 2000 Stellen bedroht sind durch die Fusion mit dem indischen Tata-Konzern, ärgert Günter Wünsch, und er vermisst eine breite Solidarität mit den betroffenen Stahlarbeitern aus Duisburg. Er ist überzeugt: „Wenn alle Metaller im Ruhrgebiet nach Berlin marschieren würden, zur Regierung, dann könnten sie auch etwas bewegen.“Er hofft aber auch, dass sich viele Duisburger den Protesten anschließen und dass so letztlich der Stahlstandort Duisburg gerettet wird.
Das Ehepaar hofft zudem, dass gerade junge Menschen erkennen, dass man sich organisieren muss, um gegen Arbeitgeber und Konzerne überhaupt eine Chance zu haben. „Ich kann jungen Leuten nur empfehlen, in die Gewerkschaft zu gehen, sich zusammen zu tun und für ihre Rechte zu kämpfen“, sagt Günter Wünsch, der jetzt für seine 70-jährige wurde.
Doch das Paar hat sich nicht nur für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und den Erhalt von Arbeitsplätzen eingesetzt. „Auch für den Frieden und gegen den Golfkrieg sind wir auf die Straße gegangen“, sagt der 85-Jährige. In Düsseldorf waren die beiden Teil einer Menschenkette rings um das Rüstungsunternehmen Rheinmetall und sind zudem als Friedensaktivisten nach Bonn und Berlin gereist.
Engagiert haben sie sich überdies beim Kanuverein Meiderich, wo der Maschinenschlosser aufgewachsen ist und seine Berufslaufbahn begann. Noch immer sind sie jeden Sonntag bei Vereinstreffen. Kennengelernt haben sie sich jedoch weder über die Arbeit noch über den Sport, sondern bei einer Karnevalsfeier. Christa und Günter Wünsch wissen, dass man nur lustig feiern und sich verlieben kann, wenn der Arbeitsplatz sicher und die Löhne gut sind. Und dabei helfen die Gewerkschaften.
Mitgliedschaft
geehrt