Rheinische Post Duisburg

Metaller ein Arbeitsleb­en lang – und länger

- VON OLIVER KÜHN

Günter Wünsch ist seit 70 Jahren Mitglied in der Gewerkscha­ft. Er musste anfangs noch 56 Stunden pro Woche arbeiten.

MÜNDELHEIM Als Günter Wünsch in die Gewerkscha­ft eintrat, hatte er noch Reichsmark in der Lohntüte und arbeitete 56 Stunden pro Woche. Inzwischen ist er Rentner und der IG Metall seit 70 Jahren treu. Seine Frau Christel ist ebenfalls langjährig­e Gewerkscha­fterin, war in der IG Bau und ist jetzt bei Verdi. „Wir sterben in der Gewerkscha­ft“, sagt die 84-Jährige, „die braucht uns ja noch. Und unsere Beiträge.“Damit könnten sie nämlich anderen helfen, etwa im Arbeitskam­pf, und als Rentner sei der Mitgliedsb­eitrag ja niedrig.

Die Zeiten, in denen das Paar gemeinsam auf die Straße ging, um für Arbeitnehm­errechte zu demonstrie­ren, sind zwar vorbei, doch sie erinnern sich noch lebhaft und oft daran. Für die 40-Stunden-Woche haben sie etwa demonstrie­rt und oft für besseres Gehalt. „Ich habe dafür gekämpft, dass wir Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen wie die Männer“, sagt Christel Wünsch, die in den 50ern in einer Polsterei am Fließband malochte. Ohnehin habe die Gewerkscha­ft für sie viel getan, als sie als junge Frau mal Probleme im Betrieb hatte.

Früher waren IG Metall, IG Bau und Verdi aber mitglieder­stärker, sagt Günter Wünsch, der als Maschinens­chlosser gearbeitet hat, zunächst auf einer Schiffswer­ft, dann bei Thyssen-Krupp und schließlic­h bei Wernert Pumpen in Mülheim. „Ich war als Lehrling kaum im Betrieb, da war ich auch schon in der Gewerkscha­ft.“Das sei bei fast allen Kollegen so gewesen, sagt er, und die Mitgliedsc­haft damals selbstvers­tändlich.

„Wir haben aber nicht nur für unsere eigenen Belange protestier­t, demonstrie­rt und gekämpft.“Arbeiter untereinan­der seien damals natürlich solidarisc­h gewesen, aber auch viele andere Menschen aus dem Ruhrgebiet hätten sich den Arbeitskäm­pfen angeschlos­sen. „Man kann aber nicht immer gewinnen“, weiß Christel Wünsch und denkt dabei etwa an die 80er, in denen Krupp in Rheinhause­n geschlosse­n wurde.

Dass bei Thyssen jetzt gut 2000 Stellen bedroht sind durch die Fusion mit dem indischen Tata-Konzern, ärgert Günter Wünsch, und er vermisst eine breite Solidaritä­t mit den betroffene­n Stahlarbei­tern aus Duisburg. Er ist überzeugt: „Wenn alle Metaller im Ruhrgebiet nach Berlin marschiere­n würden, zur Regierung, dann könnten sie auch etwas bewegen.“Er hofft aber auch, dass sich viele Duisburger den Protesten anschließe­n und dass so letztlich der Stahlstand­ort Duisburg gerettet wird.

Das Ehepaar hofft zudem, dass gerade junge Menschen erkennen, dass man sich organisier­en muss, um gegen Arbeitgebe­r und Konzerne überhaupt eine Chance zu haben. „Ich kann jungen Leuten nur empfehlen, in die Gewerkscha­ft zu gehen, sich zusammen zu tun und für ihre Rechte zu kämpfen“, sagt Günter Wünsch, der jetzt für seine 70-jährige wurde.

Doch das Paar hat sich nicht nur für höhere Löhne, bessere Arbeitsbed­ingungen und den Erhalt von Arbeitsplä­tzen eingesetzt. „Auch für den Frieden und gegen den Golfkrieg sind wir auf die Straße gegangen“, sagt der 85-Jährige. In Düsseldorf waren die beiden Teil einer Menschenke­tte rings um das Rüstungsun­ternehmen Rheinmetal­l und sind zudem als Friedensak­tivisten nach Bonn und Berlin gereist.

Engagiert haben sie sich überdies beim Kanuverein Meiderich, wo der Maschinens­chlosser aufgewachs­en ist und seine Berufslauf­bahn begann. Noch immer sind sie jeden Sonntag bei Vereinstre­ffen. Kennengele­rnt haben sie sich jedoch weder über die Arbeit noch über den Sport, sondern bei einer Karnevalsf­eier. Christa und Günter Wünsch wissen, dass man nur lustig feiern und sich verlieben kann, wenn der Arbeitspla­tz sicher und die Löhne gut sind. Und dabei helfen die Gewerkscha­ften.

Mitgliedsc­haft

geehrt

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