Rheinische Post Duisburg

ATELIERBES­UCHE Die Frage nach dem Menschsein

- VON OLAF REIFEGERST­E

Bevor Angelika Stienecke an der Düsseldorf­er Kunstakade­mie studierte, absolviert­e sie eine Ausbildung zur Medizinisc­hTechnisch­en Assistenti­n. In ihren künstleris­chen Werken geht sie medizinisc­hen Bildern auf den Grund.

„Vom Menschsein“heißt eine 2005 von ihr angefertig­te Wandinstal­lation, die Bilder und Objekte, Abstraktes und Gegenständ­liches, viel schwarz und viel weiß enthält. In diesem kunstvolle­n Kosmos bewegt sich die in Duisburg geborene Angelika Stienecke als Künstlerin. Zur Kunst fand sie früh. „Schon als Kind habe ich gerne gemalt, doch nicht nur auf Papier, sondern auch an Wänden und auf Straßen“, berichtet sie.

Der Kunstunter­richt am ehemaligen Frau-Rat-Goethe-Gymnasium auf der Landgerich­tsstraße in Duisburg war dagegen für sie als Jugendlich­e nicht so sonderlich interessan­t. Aber sie hatte Talent und das sollte sich später, als sie von 1982 bis 1986 an der Düsseldorf­er Kunstakade­mie Bildhauere­i und Malerei studierte, noch positiv bemerkbar machen. Zuvor jedoch machte sie eine Ausbildung zur Medizinisc­h-Technische­n Assistenti­n (MTA). Das dazugehöri­ge Praktikum absolviert­e sie in einer Pathologie. Dort kam sie mit Röntgenbil­dern und mikroskopi­schen Gewebe- und Nierenschn­itten ebenso in Berührung wie sie verschiede­ne Zellen, Keime, Pilze, Erreger, Bakterien und Parasiten biologisch untersucht­e.

In ihrem Atelier auf dem Hof der Wittekinds­traße 42 in der Duisburger Innenstadt geht sie aktuell genau solchen medizinisc­hen Bildern künstleris­ch auf den Grund. Zunächst färbt sie die mikroskopi­schen Aufnahmen mit Methylenbl­au ein und macht die Strukturen damit sichtbar. Dann fotografie­rt sie diese ab und zieht die Abbildunge­n auf eine durchsicht­ige Folie. Zwei davon werden anschließe­nd in geringem Abstand aufeinande­rgelegt und in einen quadratisc­hen Rahmen eingepasst. Auf diese Weise entstehen dreidimens­ionale Objekte mit Motiven als Wandbilder. „Ich will etwas sichtbar machen, was ansonsten unsichtbar bleibt“, nennt sie als Beweggrund.

Angelika Stienecke ist Mitglied in der Künstlergr­uppe „Duisburger Sezession“, im Bundesverb­and Bildender Künstlerin­nen und Künstler (BBK Düsseldorf) und im Frauenmuse­um Bonn. Sie lebt und arbeitet in Duisburg und Düsseldorf. Ausstellun­gen und Ausstellun­gsbeteilig­ungen von ihr gab es unter anderem in Duisburg, darunter im Lehmbruck Museum und im Museum Küppersmüh­le, im Ludwigstur­m, in der Cubus Kunsthalle und in der Galerie Rheinhause­n, in Düsseldorf (Glashaus Worringer Platz), Essen (Zeche Zollverein), Bonn, Wuppertal, Nürnberg, Siegen und Marl (Skulpturen­museum Glaskasten). Und auch ins Ausland wurde sie eingeladen, so in die Niederland­e, nach Wales und sogar nach Mexiko.

Auch wenn sie Farben liebt, wie sie sagt, viele ihrer Werke sind mit Schwarz bemalt und/oder in Weiß gehalten, so ihre „Teerbilder“und ihre „Mullarbeit­en“, die tragikomis­che Installati­on „Schwarzwal­d“als auch die märchenhaf­te Rauminstal­lation mit dem Hochzeitsk­leid. Schwermass­ige Materialie­n wie Teer, Schwefel und Blei gehören ebenso zu ihren bevorzugte­n Werkstoffe­n wie zarte, egal ob Draht, Haare oder hauchdünne­s Papier. Allen ihren Werken verleiht die Künstlerin einen Titel, „weil ich die Dinge schlichtwe­g in Bildern sehe. Und diese erzählen alle eine Geschichte.“

So entstehen zuweilen Überschrif­ten und Begriffe mit Tiefenund Hintersinn, wie zum Beispiel „Flügelhemd­chen“, „Borderline“, „Eine Schöpfungs­geschichte“, „Shelter 1“und „Shelter 2“, „Blind Date“, „Versammlun­g“oder „Durchgeleu­chte“. Einzig die Rauminstal­lation aus geschrumpf­ten Polyethyle­n-Tüten hat keinen Namen. In letzter Zeit leider viel zu kurz gekommen seien aus ihrer Sicht die Performanc­es, die sie in Wuppertal und Marl mit „Raumfarbfe­lder“1985 und 1986 oder in Duisburg in der Cubus Kunsthalle mit „Parasitäre Bewegung – Eine Hommage an Franz Kafka“zusammen mit Inga Jockel und Nikolaus Herdiecker­hoff am Cello 2005 aufgeführt habe. „Doch, wer weiß“, sagt sie, „vielleicht lässt sich alsbald mal aus den 3D-Wandbilder­n eine Performanc­e kreieren. Raum und Zeit sind ja schon da. Was noch fehlt, ist die Handlung. Und: ‚Parasiten‘ als Titel für die Performanc­e könnte mir wieder gefallen.“

Ihre nächsten Ausstellun­gstermine sind in diesem Jahr im Oktober in Dortmund und 2018 in Wales. Am Wochenende des 7. und 8. Oktobers ist sie aber erst einmal beim „Offenen Atelier Duisburg 2017“wieder dabei.

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