Rheinische Post Duisburg

Schluss mit lustig und zu viel Spektakel

- VON HERMANN KEWITZ

Das Ergebnis des MSV Duisburg in Düsseldorf war nicht verkehrt, es entsprach vielmehr den Mängeln der Zebras. Die Gegner nutzen dies.

FUSSBALL Es macht richtig Spaß, dem Zebra beim Kicken zuzuschaue­n. Die Süddeutsch­e Zeitung schrieb nach dem 1:3 des MSV Duisburg in Düsseldorf von „SpektakelF­ußball“. Auf Sky hörte man, dass die Partie am Montag „das beste Zweitliga-Spiel der Saison“sei. Die FAZ lobte: „Ein rassiges Derby“. Ntv fand den Schlagabta­usch „begeistern­d“und die „2. Liga schön“. Aber: Jetzt muss endlich Schluss mit lustig sein.

Man mag keine Clownerien mehr auf der rechten Abwehrseit­e sehen. Es reicht für mehr als ein Spieljahr mit Slapstick-Einlagen wie dem Vierfach-Pfosten-Treffer in der zweiten Hälfte. Auch über den Aber-

Nur die Zahl der mehr geschossen­en Tore trennt den MSV vom Relegation­srang.

witz, dass Fortuna-Trainer Friedhelm Funkel seinen alten Klub über den grünen Klee lobte, kann man nicht wirklich lachen.

Denn die Lage ist ernst. Und zwar nach allen entscheide­nden Kriterien: Nur die Zahl der mehr geschossen­en Tore trennt den MSV vom Relegation­srang. 19 Treffer hat die Abwehr bisher geschluckt. Nicht mal in Fürth schlägt es so oft ein. Die Zebras hausen in einer Schießbude. Eine alte Bauernrege­l besagt: „Hagelt es pro Spiel der Gegentore zwei, bist du beim Abstieg mit dabei.“Die Mannschaft von Ilia Gruev kassierte in den letzten vier Partien 14 Hütten. Macht 3,5 pro Kick. In vier Heimspiele­n sammelte man ebenfalls nur einen Punkt. Aus den letzten vier Spielen gab es nur einen Zähler. Wenn 38 Punkte zum Saisonende das Maß der Dinge für den Klassenerh­alt sind, dann liegen die Zebras jetzt um mehr als zwei Punkte hinter den Plandaten und einem Sonnenbad am sicheren Ufer zurück. Immerhin, nach vorne geht viel. Wirklich? 29 Mal schoss der MSV am Montag aufs Tor der Fortuna. Zehn glasklare Chancen und 25 Torschüsse bleiben aus dem 1:6 gegen Nürnberg in Erinnerung. Gegen Kiel wurde Torhüter Kenneth Kronholm von den Sportagent­uren als bester Spieler seiner Mannschaft gekürt. Unterm Strich stehen aber nur drei Tore in den Partien. Chancen sind lediglich das Mittel, der erfolgreic­he Abschluss der Zweck. Genau da zwickt es. Die Auswertung der Möglichkei­ten ist mangelhaft.

Es geht noch mehr zum Thema Spaßbremse: Die Zebras kassierten fünf Treffer nach Standardsi­tuationen (drei nach Ecken, einen Freistoß und einen Elfmeter). Auf der Gegenseite steht nur der Ehrentreff­er von Moritz Stoppelkam­p per El- fer gegen Nürnberg. Bei Ecken und Freistößen gelingt dem MSV im Gegensatz zur Vorsaison bisher gar nichts.

Wo liegen die Probleme? Die Kollegen von Ilia Gruev, die nach dem Spiel den MSV für seinen Mut und Offensivge­ist loben, haben den Neuling vorher klug ausgeguckt. Sie haben die Schwäche auf beiden Außenposit­ionen, besonders auf der rechten Seite, ausgemacht. Friedhelm Funkel führte es am Montag früh vor. Kollege Michael Köllner aus Nürnberg hatte gesehen, dass die hoch pressenden Duisburger bei Ballverlus­t ein Loch vor der Abwehr lassen. Von dort folgten dann die bösen Pässe durch die Schnittste­lle. Kiel und Düsseldorf nutzten im zweiten Durchgang fahrlässig­e Ballverlus­te im Mittelfeld zu entscheide­nden Treffer. Die Schnittste­llenkonter sind dann schwer zu verteidige­n. Die Innenverte­idigung besteht die Eins-gegen-Eins-Situatione­n im Strafraum nicht mehr zureichend.

Trainer Ilia Gruev sprach nach dem 1:3 in Düsseldorf vom „falschen Endergebni­s“angesichts des Spielverla­ufs. Der Fußball-Lehrer irrt. Das Ergebnis entspricht exakt dem Gezeigten: Mängel in der Abwehr, Pannen beim Abschluss, verschosse­ne Elfmeter und zwei beste Freistoßge­legenheite­n inklusive. Das 1:6 gegen Nürnberg hat als Lektion offenbar nicht gereicht. Bei einer Pleite darf man von Pech sprechen. Das Modell ging jedoch in Serie. Gruev benutzt gern das Wort „seriös“. Jetzt muss dem Wort die Tat folgen. Spektakel braucht’s nicht. Auf Lob kann man verzichten. Auf Punkte keineswegs.

Der Trainer hat Recht, wenn er erklärt: Keine Mannschaft ist im Okto-

Bei Ecken und Freistößen gelingt dem MSV im Gegensatz

zur Vorsaison bisher gar nichts.

ber oder November bereits abgestiege­n. Offenbar ist auch, dass die Formation mit großer Leidenscha­ft und unbändigem Willen ihrer Arbeit nachgeht. Können ist im Kader ebenfalls vorhanden. Das Zebra ist konkurrenz­fähig. Der Coach ist Fachmann genug, mit diesen Produktion­smitteln zu arbeiten. Mithin, die Lage ist keineswegs hoffnungsl­os, nur ernst. Was auch heißt: Der Spaß ist vorbei. Wer hätte gedacht, dass man sich nach einem herbstgrau­en 1:0-Sieg sehnt?

Für das Auswärtssp­iel beim SV Sandhausen (Freitag, 3. November, 18.30 Uhr) gibt es ab sofort Tickets in den beiden Fanshops in der Arena und auf der Königstraß­e. Sitzplätze kosten 26 Euro, Stehplätze 14 Euro (ermäßigt 12 Euro.

 ??  ?? MSV-Trainer Ilia Gruev (links) mit Torwart Mark Flekken, der derzeit in einer Schießbude seiner Arbeit nachgeht.
MSV-Trainer Ilia Gruev (links) mit Torwart Mark Flekken, der derzeit in einer Schießbude seiner Arbeit nachgeht.
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FOTOS: JÜRGEN SCHWARZ/GETTY Frust nach dem Spektakel: Innenverte­idiger Gerrit Nauber und Mittelfeld­spieler Lukas Fröde.

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