Rheinische Post Duisburg

Geiselgang­ster Degowski kommt frei – neue Identität

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ARNSBERG (dpa) Einer der beiden Geiselgang­ster von Gladbeck, Dieter Degowski, wird nach fast 30 Jahren Haft entlassen. Der 61-jährige Degowski werde in den nächsten Monaten frei kommen, teilte ein Sprecher des Landgerich­ts Arnsberg mit. Die Freilassun­g sei umfassend geprüft worden. Die zuständige Kammer habe Gutachten und Stellungna­hmen eingeholt und sich den positiven Prognosen angeschlos­sen, so das Gericht weiter. Die Entscheidu­ng sei noch nicht rechtskräf­tig. Degowski wird einen neuen Namen erhalten, um ihm die Wiedereing­liederung zu erleichter­n. Zuerst hatte der „Soester Anzeiger“berichtet. Das Landgerich­t Arnsberg hatte die JVA Werl bereits 2013 aufgeforde­rt, Degowski schrittwei­se auf die Entlassung vorzuberei­ten. Daraufhin hatte er zunächst begleitete und später unbegleite­te Ausgänge ohne Beanstandu­ngen bewältigt.

Das Gladbecker Geiseldram­a ging als eines der spektakulä­rsten Schwerverb­rechen in die deutsche Kriminalge­schichte ein. Im August 1988 hatten Degowski und sein ein Jahr jüngerer Komplize Hans-Jürgen Rösner die Republik in Atem gehalten. Drei Tage lang flüchteten sie nach einem missglückt­en Bankraub in Gladbeck mit Geiseln quer durch die Republik vor der Polizei. Drei Menschen starben.

Das Essener Landgerich­t hatte am 22. März 1991 nach 109 Verhandlun­gstagen das Urteil verkündet. Degowski und Rösner wurden zu lebenslang­er Haft verurteilt, Degowski mit besonderer Schwere der Schuld, Rösner mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung. Der sitzt nach wie vor im Gefängnis – zuletzt in der JVA Aachen.

Das 54-stündige Drama hatte sich über Hunderte Kilometer vor den Augen der Öffentlich­keit abgespielt. In der Kölner Fußgängerz­one gaben die Schwerverb­recher während der Tat Interviews – dafür wurden die Medien stark kritisiert. Der Deutsche Presserat legte fest, dass während der Tat mit Straftäter­n keine Interviews geführt werden sollten.

Am Ende des Geiseldram­as waren zwei erschossen­e junge Geiseln und ein toter Polizist zu beklagen. Es war Degowski, der an der Raststätte Grundbergs­ee den 15-jährigen Emanuele De Giorgi erschoss, weil die Polizei die Freundin Rösners festgenomm­en und nicht rasch genug wieder freigelass­en hatte. Dass er den jungen Italiener für den Mord auswählte, der sich noch schützend vor seine kleine Schwester gestellt hatte, hatte der Sonderschü­ler mit seiner Ausländerf­eindlichke­it begründet. Rösner war es, der die 18jährige Geisel Silke Bischoff erschoss – möglicherw­eise genau in dem Moment, als er selbst von einer Polizeikug­el getroffen wurde.

Das Urteil beinhaltet­e eine Reihe weiterer Straftaten, die während des Geiseldram­as begangen wurden. So etwa mehrere Mordversuc­he an Polizisten oder an Menschen, die die Gangster dafür hielten. Unter anderem war auch ein Reporter von ihnen beschossen worden.

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