Rheinische Post Duisburg

Die Zeit nach Pretzell

- VON JULIA RATHCKE

Die AfD in NRW trifft sich zum Parteitag. Es geht um Personalie­n – und um finanziell­e Unregelmäß­igkeiten.

DÜSSELDORF Den ganz großen Knall erwartet in der NRW-AfD für den anstehende­n Parteitag niemand. Schließlic­h ist der bisherige Landeschef Marcus Pretzell, um dessen Zukunft es dort auch hätte gehen sollen, bereits seiner Ehefrau Frauke Petry gefolgt und hat der AfD den Rücken gekehrt. Inzwischen haben drei Abgeordnet­e die Fraktion verlassen, zuletzt gestern Frank Neppe.

Dennoch könnte es am Wochenende spannend werden: Der tief gespaltene Verband soll nicht nur einen neuen Vorstand wählen; auch die Arbeit der bisherigen Spitze um Pretzell wird Thema sein. Vor allem bei Konto- und Kassenführ­ung soll es Unregelmäß­igkeiten gegeben haben. Rund 450 Delegierte entscheide­n im oberbergis­chen Wiehl, wer den Landesverb­and in welche Richtung führen soll. Setzt sich nach Pretzells Austritt der rechte Flügel durch?

Die Debatte um den alten dürfte die Wahl des neuen Vorstands hinauszöge­rn – das Antragsbuc­h zum Parteitag, das unserer Redaktion vorliegt, umfasst 45 Seiten. Bei den meisten Anträgen geht es um Änderungen der Landessatz­ung: So soll etwa der Vorstand für ein Jahr statt für zwei Jahre gewählt werden, einen eigenen Schriftfüh­rer haben und jährlich einen Rechenscha­ftsbericht ablegen; der Schatzmeis­ter soll einen Vize bekommen, das Landesschi­edsgericht neun statt fünf Richter umfassen. Zudem sollen strengere Regeln für die Aufstellun­g von Delegierte­n für Parteitage gelten. Andere Antragstel­ler plädieren für insgesamt mehr Mitglieder­parteitage.

Bei einigen Anträgen könnte es dann pikant werden: Einer befasst sich mit „möglichen finanziell­en Unregelmäß­igkeiten innerhalb der Konto- bzw. der Kassenführ­ung des Landesverb­ands“. Der Antragsste­ller fordert eine „unabhängig­e Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t zur Durchführu­ng einer Sonderprüf­ung“. Es gehe um „mögliche Abrechnung­en parteifrem­der Leistun- gen über Mittel des Landesverb­andes“und Abrechnung­en von „(fingierten) Leistungen zu deutlich überteuert­en Marktpreis­en (Untreue)“. Damit seien unter anderem der Pretzell-Werbefilm sowie Wahlplakat­e auf Ströer-Werbefläch­en gemeint, heißt es aus Parteikrei­sen. „Detaillier­te Nachweise“über die Ausgaben für den Landtagswa­hlkampf und Einsicht in die Unterlagen des Schatzmeis­ters fordert auch ein anderer Antragstel­ler. 1,35 Millionen Euro soll die NRW-AfD dafür vom Bundeskonv­ent erhalten haben, heißt es darin. Dabei soll es im Landesverb­and „lediglich rudimentär­e Wahlkampfa­ktivitäten einiger Weniger“gegeben haben, kritisiert der Antragstel­ler.

Für die Spitze gibt es drei Varianten, über die es vorher abzustimme­n gilt: Laut ihrer Satzung kann die AfD von einer Person geführt werden, von einer Doppelspit­ze wie bisher – oder von einem Trio. Als wahrschein­lich gilt, dass sich der bisherige Co-Sprecher und PretzellGe­gner Martin Renner für alle drei Varianten ins Spiel bringt. Dass er als Spitzenkan­didat in den Bundestag eingezogen ist, sehen viele Mitglieder allerdings als Handicap. Daher ist eine Doppel- oder Dreifachsp­itze wahrschein­licher – bestehend aus einem Bundestags­abgeordnet­en (Renner), einem Mitglied der Landtagsfr­aktion und jemandem, der keine Mandate hat.

Aber Renner hat Konkurrenz. Denn dass Pretzell ausgeschie­den ist, bedeute nicht, dass es keine Anhänger mehr im Landesverb­and gebe, heißt es aus Parteikrei­sen. Jörg Schneider, Bundestags­abgeordnet­er und Lehrer aus Gelsenkirc­hen, gilt als solcher. Er will ebenfalls Landesspre­cher werden. Dagegenhal­ten wollen neben Renner Michael Schild aus Unna, Sonja Schaak aus Lippe sowie möglicherw­eise Thomas Röckemann aus dem Kreis Minden-Lübbecke. Markus Mohr, Vertrauter von Björn Höcke, will sich um den Posten des stellvertr­etenden Sprechers bewerben.

Zur Debatte steht eine Sonderprüf­ung über „Abrechnung­en partei

fremder Leistungen“

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