Rheinische Post Duisburg

Der Arbeitszei­t-Kampf ist eröffnet

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Die IG Metall will den Einstieg in die 28-Stunden-Woche erkämpfen. Schichtarb­eiter, Eltern und pflegende Angehörige sollen zusätzlich einen Entgeltaus­gleich bekommen. Damit ist klar: Die Tarifrunde wird extrem konfliktre­ich.

DÜSSELDORF Wie anstrengen­d der Kampf um eine abgesenkte Arbeitszei­t sein kann, hat die IG Metall in der Vergangenh­eit schon am eigenen Leib erfahren. Für die Durchsetzu­ng der 35-Stunden-Woche in Westdeutsc­hland benötigte Deutschlan­ds größte Gewerkscha­ft 18 harte Jahre Auseinande­rsetzung. 1995 setzte sie ihre Forderung dann endgültig durch. Seitdem ist in Sachen Arbeitszei­t bei der IG Metall allerdings nichts mehr passiert, andere Themen traten in den Vordergrun­d. Bis jetzt.

Denn die Verantwort­lichen in der Frankfurte­r Gewerkscha­ftszentral­e rüsten sich für eine nach eigenem Bekunden „konfliktre­iche Tarifrunde“: Neben einer Lohnforder­ung von sechs Prozent will die IG Metall Pflöcke bei der „lebensphas­enorientie­rten Arbeitszei­t“einrammen. Das erklärte der Vorstand gestern bei der Vorlage seiner Forderungs­empfehlung. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen. Was will die IG Metall durchsetze­n? Beschäftig­te dürften nicht nur der Fußabtrete­r der Flexibilit­ät sein, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Deshalb solle jeder seine individuel­le wöchentlic­he Arbeitszei­t von 35 auf 28 Stunden absenken können. Eine Begründung dafür müsse der Betroffene nicht geben. Nach zwei Jahren könne der Beschäftig­te dann wieder zu den tarif- lichen Arbeitszei­ten zurückkehr­en, es sei denn, beide Seiten würden einer Verlängeru­ng zustimmen. Für wen soll es einen Entgeltaus­gleich geben? Da wären zum einen Mitarbeite­r, die in Schichtsys­temen arbeiten oder andere besonders belastende Arbeitszei­ten hätten. Zum anderen sollen die Beschäftig­ten darunterfa­llen, die ihre unter 14-jährigen Kinder betreuen oder sich um zu pflegende Angehörige kümmern. Wie hoch soll der Entgeltaus­gleich ausfallen? Die IG Metall will die unteren Entgeltgru­ppen besserstel­len. Deshalb soll es für die geschilder­ten Fälle einen festen Zuschuss geben. Der Vorstand diskutiert derzeit eine Höhe, die dem entspricht, was ein Beschäftig­ter in der untersten Entgeltgru­ppe mit fünf Tagen Arbeit erzielt. Was hat die IG Metall in der letzten Tarifrunde durchgeset­zt? Angetreten war die Gewerkscha­ft mit einer Forderung von 4,5 bis fünf Prozent. Neben einer Einmalzahl­ung von 150 Euro setzte die IG Metall am Ende eine zweistufig­e Erhöhung durch: Die Löhne stiegen im Juli 2016 zunächst um 2,8 Prozent, im April dieses Jahres noch einmal um zwei Prozent. Wie begründet die Gewerkscha­ft diesmal ihre Lohnforder­ung? „Der wirtschaft­liche Rahmen ist geeignet, um Lohnerhöhu­ngen durchzuset­zen“, erklärte der Chef der Abteilung Tarifpolit­ik, Stefan Schaumburg, jüngst vor Journalist­en. Nachholbed­arf gebe es nicht, aber auch keinen Grund, „etwas liegenzula­ssen“. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann verteidigt­e zudem, dass zusätzlich zu höheren Löhnen die Arbeitszei­tforderung ebenfalls Geld kostet: „Tarifverha­ndlungen sind keine einfache Mathematik“, sagte er, sondern seien eine Frage der Mobilisier­ung. Er sei zuversicht­lich, dass die IG Metall beim Thema Arbeitszei­t genügend Druck machen könne. Was sagen die Arbeitgebe­r? Vor allem der Entgeltaus­gleich sorgt für Unmut. Metall-NRW-Chef Arndt Kirchhoff hat bereits klargemach­t: „Die IG Metall klammert die MehrArbeit bei ihrer Forderung bewusst aus und will stattdesse­n, dass wir für nicht geleistete Arbeit bezahlen.“Das aber verletze das Prinzip von Leistung und Gegenleist­ung. Gesamtmeta­ll-Cef Rainer Dulger warnte, ein Anspruch auf Arbeitszei­tverkürzun­g werde den Fachkräfte­mangel weiter verschärfe­n. Wie geht es jetzt weiter? Mitte November treffen beide Seiten erstmals aufeinande­r. Die Friedenspf­licht endet in der Silvestern­acht. „Wer die Tarifrunde­n verfolgt hat, die sich nicht nur um Entgeltfra­gen drehten, weiß: Das gab immer ordentlich Krach“, so Hofmann.

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