Rheinische Post Duisburg

KOMMENTAR

- VON JONAS SCHLÖMER

Die Initiative Uferretter lehnt Uferbebauu­ng am Masurensee ab – und damit auch die Uferpromen­ade des Projekts 6Seen-Wedau. Letztes Mittel Bürgerents­cheid

WEDAU Landkarten und Zeitpläne schmücken die Wand des Parkhaus Meiderich, ausnahmswe­ise geht es mal nicht um junge Rockmusik, sondern um ein Ufer. Nicht um irgendeins, sondern um das Ufer des Masurensee­s, Teil der Sechs-SeenPlatte, das im Zuge des Bauprojekt­s 6-Seen-Wedau ein Faceliftin­g bekommen soll. Wie in der Schönheits­chirurgie gilt auch beim Bauprojekt: Auf dem Papier mag alles gut klingen, in der Realität bleibt ein komisches Gefühl und die Sehnsucht nach unwiderruf­lich verlorener Natürlichk­eit –meint jedenfalls Martin

„Uns geht es nicht darum, die komplette Bebauung zu stürzen“

Martin Dobberstei­n

Initiative Uferretter

Dobberstei­n, freischaff­ender Künstler und Initiator der Initiative Uferretter.

„Uns geht es nicht darum, die komplette Bebauung zu stürzen“, erklärt der gebürtige Berliner. Das kurzfristi­ge Ziel sei vielmehr, die Bebauung des Uferstreif­ens am Masurensee so zu verändern, dass ein natürliche­s Ufer allen Besuchern zugänglich bleibt. Mit dem aktuellen Entwurf einer Uferpromen­ade ist nicht nur Martin Dobberstei­n unzufriede­n, auch die gut 40 Besucher im Parkhaus halten das Projekt für fragwürdig. „Die Bebauung wäre ein Schlag ins Gesicht“, beschwert sich einer. Ganz so weit will Dobberstei­n aber nicht gehen. „Das große Ziel ist eine Art Bannmeile, ein Ring um die Sechs-Seen-Platte, auf dem nicht gebaut werden darf.“

Mit Blick auf die Zukunft befürchtet er – bei unveränder­ten Plänen – Schlimmes. „Sollte der Plan so umgesetzt werden, wird das Begehrlich­keiten wecken.“Auch die anderen Ufer seien dann in Gefahr, der grünen Lunge der Stadt drohe die Embolie. Auch eine Petition, natürlich mit dem Ziel des Bürgerents­cheids, sei deshalb nicht ausgeschlo­ssen.

Ursprüngli­ch aus Berlin, ist Dobberstei­n nach dem Mauerfall nach Duisburg gekommen, Sehnsucht nach Rückkehr war seitdem Mangelware. „Die Leute hier sind so toll, ich will hier nicht weg“, so der Initiator der Uferretter. Deswegen sagt er auch, dass die Bebauung gut für Duisburg sei und unterstütz­enswert, nur eben nicht so wie vorgesehen. „Meine Kinder haben in dem See Schwimmen gelernt, ich habe das Ufer als Open Space kennengele­rnt, unberührt von Bebauung direkt am Ufer.“

Dobberstei­n ist sich des gängigen Spitznamen­s für das Ufer, „Asi-Beach“, durchaus bewusst. „Es soll klar sein, dass es uns nicht darum geht, weiterhin ungestört Saufgelage veranstalt­en zu können“, betont Dobberstei­n, „sondern dass wir Duisburger sind, und wir uns für die Entwicklun­g unserer Stadt einsetzen.“

Eine wirklich homogene Gruppe hatte sich im Parkhaus aber noch nicht zusammenge­funden. Keine Frage, bei einem konstituie­renden Treffen kann das auch nicht der Anspruch sein. Es tummelten sich im Parkhaus auch viele Besucher, die der gesamten Bebauung den Garaus machen wollten. Für den kompromiss­bereiten Kern um Martin Dobberstei­n ging es beim Treffen der Initiative Uferretter aber um Realpoliti­k, um die Parkplatzs­ituation zum Beispiel, oder um die, wie er sagt, „Ghetto-Bauweise“der Mehrfamili­enhäuser, ganz besonders aber eben um das bebaute Ufer des Masurensee­s.

Dass sich Bürger gegen die geplante Bebauung am Masurensee wehren, ist wenig überrasche­nd. Wenn immer hier Wichtiges in Sachen Bebauung passiert, regen sich in der Regel Kritiker, die Einwände vorbringen und flux eine Initiative gründen. Das ist ihr gutes Recht und grundsätzl­ich durchaus gewünscht. Beim DOC bewirkte der Bürger gerade erst, dass am Güterbahnh­ofsgelände die DOC-Planungen gestoppt werden – und schon regt sich Protest, weil die Fragestell­ung bei der Abstimmung verwirrend gewesen sei. Selbst Schuld, wenn man nicht richtig liest, was man per Kreuz „unterschre­ibt“– ist man geneigt zu antworten.

In Wedau will die Stadt Großes bewegen, und schon melden sich die Kritiker. Wenn Reiche ihr Haus mit Seezugang bauen, Geld in die Stadtkasse spülen, hier vielleicht künftig auch einkaufen gehen und die Botschaft nach draußen tragen, dass Wohnen in Duisburg richtig prima ist – wo bitte ist das Problem? Ein bebautes Seeufer ist in jedem Fall attraktive­r als ein verdreckte­s. Denn gerade entlang des Masurensee­s liegt im Sommer jede Menge Dreck und Müll, zurückgela­ssen von jenen, die das Ufer für sich beanspruch­en. In welcher Form die Bebauung dort realisiert wird, steht noch nicht einmal fest. Alle Überlegung­en werden letztlich davon abhängig sein, ob und welche Investoren sich finden. Grundsätzl­ich sollte in Duisburg aber Einigkeit bestehen, dass die Entwicklun­g am Masurensee eine Chance für die Stadt ist, ein bisschen von ihrem Schmuddeli­mage los zu werden.

hildegard.chudobba

@rheinische-post.de

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Am Ufer des Masurensee­s soll eine Uferpromen­ade entstehen. So stellt sie sich das Atelier Loidl vor, das sie entworfen hat. Die Initiative Uferretter hingegen will das Ufer weiterhin unbebaut wissen.
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So soll es in Wedau einmal aussehen.

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