KOMMENTAR
Die Initiative Uferretter lehnt Uferbebauung am Masurensee ab – und damit auch die Uferpromenade des Projekts 6Seen-Wedau. Letztes Mittel Bürgerentscheid
WEDAU Landkarten und Zeitpläne schmücken die Wand des Parkhaus Meiderich, ausnahmsweise geht es mal nicht um junge Rockmusik, sondern um ein Ufer. Nicht um irgendeins, sondern um das Ufer des Masurensees, Teil der Sechs-SeenPlatte, das im Zuge des Bauprojekts 6-Seen-Wedau ein Facelifting bekommen soll. Wie in der Schönheitschirurgie gilt auch beim Bauprojekt: Auf dem Papier mag alles gut klingen, in der Realität bleibt ein komisches Gefühl und die Sehnsucht nach unwiderruflich verlorener Natürlichkeit –meint jedenfalls Martin
„Uns geht es nicht darum, die komplette Bebauung zu stürzen“
Martin Dobberstein
Initiative Uferretter
Dobberstein, freischaffender Künstler und Initiator der Initiative Uferretter.
„Uns geht es nicht darum, die komplette Bebauung zu stürzen“, erklärt der gebürtige Berliner. Das kurzfristige Ziel sei vielmehr, die Bebauung des Uferstreifens am Masurensee so zu verändern, dass ein natürliches Ufer allen Besuchern zugänglich bleibt. Mit dem aktuellen Entwurf einer Uferpromenade ist nicht nur Martin Dobberstein unzufrieden, auch die gut 40 Besucher im Parkhaus halten das Projekt für fragwürdig. „Die Bebauung wäre ein Schlag ins Gesicht“, beschwert sich einer. Ganz so weit will Dobberstein aber nicht gehen. „Das große Ziel ist eine Art Bannmeile, ein Ring um die Sechs-Seen-Platte, auf dem nicht gebaut werden darf.“
Mit Blick auf die Zukunft befürchtet er – bei unveränderten Plänen – Schlimmes. „Sollte der Plan so umgesetzt werden, wird das Begehrlichkeiten wecken.“Auch die anderen Ufer seien dann in Gefahr, der grünen Lunge der Stadt drohe die Embolie. Auch eine Petition, natürlich mit dem Ziel des Bürgerentscheids, sei deshalb nicht ausgeschlossen.
Ursprünglich aus Berlin, ist Dobberstein nach dem Mauerfall nach Duisburg gekommen, Sehnsucht nach Rückkehr war seitdem Mangelware. „Die Leute hier sind so toll, ich will hier nicht weg“, so der Initiator der Uferretter. Deswegen sagt er auch, dass die Bebauung gut für Duisburg sei und unterstützenswert, nur eben nicht so wie vorgesehen. „Meine Kinder haben in dem See Schwimmen gelernt, ich habe das Ufer als Open Space kennengelernt, unberührt von Bebauung direkt am Ufer.“
Dobberstein ist sich des gängigen Spitznamens für das Ufer, „Asi-Beach“, durchaus bewusst. „Es soll klar sein, dass es uns nicht darum geht, weiterhin ungestört Saufgelage veranstalten zu können“, betont Dobberstein, „sondern dass wir Duisburger sind, und wir uns für die Entwicklung unserer Stadt einsetzen.“
Eine wirklich homogene Gruppe hatte sich im Parkhaus aber noch nicht zusammengefunden. Keine Frage, bei einem konstituierenden Treffen kann das auch nicht der Anspruch sein. Es tummelten sich im Parkhaus auch viele Besucher, die der gesamten Bebauung den Garaus machen wollten. Für den kompromissbereiten Kern um Martin Dobberstein ging es beim Treffen der Initiative Uferretter aber um Realpolitik, um die Parkplatzsituation zum Beispiel, oder um die, wie er sagt, „Ghetto-Bauweise“der Mehrfamilienhäuser, ganz besonders aber eben um das bebaute Ufer des Masurensees.
Dass sich Bürger gegen die geplante Bebauung am Masurensee wehren, ist wenig überraschend. Wenn immer hier Wichtiges in Sachen Bebauung passiert, regen sich in der Regel Kritiker, die Einwände vorbringen und flux eine Initiative gründen. Das ist ihr gutes Recht und grundsätzlich durchaus gewünscht. Beim DOC bewirkte der Bürger gerade erst, dass am Güterbahnhofsgelände die DOC-Planungen gestoppt werden – und schon regt sich Protest, weil die Fragestellung bei der Abstimmung verwirrend gewesen sei. Selbst Schuld, wenn man nicht richtig liest, was man per Kreuz „unterschreibt“– ist man geneigt zu antworten.
In Wedau will die Stadt Großes bewegen, und schon melden sich die Kritiker. Wenn Reiche ihr Haus mit Seezugang bauen, Geld in die Stadtkasse spülen, hier vielleicht künftig auch einkaufen gehen und die Botschaft nach draußen tragen, dass Wohnen in Duisburg richtig prima ist – wo bitte ist das Problem? Ein bebautes Seeufer ist in jedem Fall attraktiver als ein verdrecktes. Denn gerade entlang des Masurensees liegt im Sommer jede Menge Dreck und Müll, zurückgelassen von jenen, die das Ufer für sich beanspruchen. In welcher Form die Bebauung dort realisiert wird, steht noch nicht einmal fest. Alle Überlegungen werden letztlich davon abhängig sein, ob und welche Investoren sich finden. Grundsätzlich sollte in Duisburg aber Einigkeit bestehen, dass die Entwicklung am Masurensee eine Chance für die Stadt ist, ein bisschen von ihrem Schmuddelimage los zu werden.
hildegard.chudobba
@rheinische-post.de