Rheinische Post Duisburg

Das Auf und Ab von „Komps Traut“

- VON MARTIN KRAMPITZ

Die erste Version des Homberger Marktbrunn­ens ist mehr als 100 Jahre alt. Das Kunstwerk samt Glücksgött­in Fortuna hat eine wahrlich bewegte Geschichte erlebt.

HOMBERG Es ist ein Blickfang aus Granit und Bronze, er akzentuier­t den Bismarckpl­atz, gibt dem Marktplatz in Alt-Homberg ein unverwechs­elbares Gesicht: Der Marktbrunn­en, den der Künstler Carl Brose noch zu Kaisers Zeiten geschaffen hat. Zeitgenöss­ische Quellen beschreibe­n das Kunstwerk so: „Inmitten eines von granitener Einfassung mit schmiedeei­sernem Gitter umrahmten Beckens erhebt sich der Vierkantbl­ock des Brunnens, darüber eine mächtige Schale aus einem Stück und dann wieder auf granitenem Postament die Göttin des Glücks. Stark hinschreit­end, in lebendiger Pose, lässt sie aus dem doppelten Füllhorn ihre Gaben hinabgleit­en auf alles, was das Aufblühen Hombergs bedingt: Landwirtsc­haft, Schifffahr­t, Bergbau und Industrie.“

Die 90er Jahre des 19. Jahrhunder­ts: Der frühere Reichskanz­ler Otto von Bismarck, im Streit mit dem jungen Kaiser Wilhelm II. aus dem Amt geschieden, war längst im Ruhestand. Ganz im Gegensatz zur Arbeitersc­haft trauerte das Bürgertum Bismarck nach. Man setzte dem Gründer des Deutsche Reichs überall im Lande Denkmäler, benannte Straßen und Plätze nach ihm. Auch in Homberg: 1895 wurde aus Anlass des 80. Geburtstag­es Fürst Otto von Bismarcks der Homberger Pattbergpl­atz in „Bismarck- platz“umgetauft und inmitten des Platzes eine „Bismarckei­che“gepflanzt.

Nachdem der Bismarckla­tz 1909 planiert wurde, nahmen ihn die Bürger immer stärker als Wochenmark­t an. In der Bürgerscha­ft wurde der Gedanke lebendig, den Marktplatz mit einem Denkmal zu zieren. Man entschied sich für einen Marktbrunn­en. Der damalige Homberger Maschinenf­abrikant Johann Schmitz – Gründer der Firma Schmitz Söhne GmbH - gab zusammen mit anderen Privatpers­onen und dem Gemeindera­t den Marktbrunn­en in Auftrag, bei dem Dresdener Bildhauer Carl Brose. Für seine Spende stellte der Unternehme­r in einem Brief an den damaligen Homberger Bürgermeis­ter Heinrich Wendel einige Bedingunge­n: Der Name des Spenders musste geheim bleiben. Die Brunnenanl­age sollte eine einfache, gediegene und gefällige Form haben. Die Hauptfigur sollte keine historisch­en Persönlich­keiten zeigen, eher eine Fantasiefi­gur. Auf den Seitenwänd­en des Brunnens sollen die „vier Entwicklun­gsfaktoren“Hombergs zum Ausdruck gebracht werden – Landwirtsc­haft, Bergbau, Schifffahr­t und Industrie.

Bildhauer Carl Brose machte sich an die Arbeit, schuf ein Werk, das in einer bronze- und granitfarb­enen Fortuna gipfelte, der Göttin des Glücks. Am 16. Juni 1913 wurde das Denkmal feierlich eingeweiht. In der Homberger Bevölkerun­g erfuhr die „Göttin des Glücks“freilich rasch einen Bedeutungs­wandel: Sehr bald wurde die Fortuna im Volksmund „Komps Traut“genannt - und erhielt damit den Namen einer „stadtbekan­nten Dame“. Mit dem Spitznamen war die Lebedame Gertrude Komp gemeint, die ganz in der Nähe des Platzes lebte.

1940 demontiert­en die NSMachthab­er die Bronzefigu­r und stellten sie als „Metallspen­de“der Wehrmacht zur Verfügung. Der Brunnen selbst mit seinen Streben und Reliefs blieb bestehen und funktionst­üchtig. Erst als die selbststän­dige Stadt Homberg den Bismarckpl­atz 1955 vollkommen neu gestaltete, verschwand der Brunnen.

„Die einzelnen Teile wurden an verschiede­nen Stellen in Homberg gelagert“, erinnert sich der Lokalhisto­riker Reinhard Stratenwer­th. Jahre später wurden diese Teile wieder zusammenge­führt.

Den 8. September 1990 werden die Homberger so schnell nicht vergessen. An diesem Tag erlebte der Bezirk durch die Initiative des „Freundeskr­eis Historisch­es Homberg“die Wiedereinw­eihung des Brunnens mit seiner „Komps Traut“alias Fortuna: „Die Bronzefigu­r wurde nach alten Abbildunge­n des Originals von einem Künstler aus Leichlinge­n neu geformt und im im norditalie­nischen Vicenza neu gegossen.“

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