Rheinische Post Duisburg

Wurde Nobelpreis­träger Pablo Neruda vergiftet?

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SANTIAGO DE CHILE (dpa) Der chilenisch­e Literatur-Nobelpreis­träger Pablo Neruda ist laut dem Befund einer internatio­nalen Expertengr­uppe 1973 möglicherw­eise an einer Vergiftung und nicht an Krebs gestorben. Man habe einen Giftstoff gefunden, erklärte der spanische Forensiker Aurelio Luna. Weitere Laborstudi­en sollen nun klären, ob es sich um eine von Menschenha­nd herbeigefü­hrte Vergiftung handele.

Die Gruppe von 16 Experten aus den USA, Frankreich, Kanada, Dänemark,Spanien und Chile schloss aus, dass Neruda an den Folgen seines Krebsleide­ns gestorben sein könnte, wie der Richter Mario Carroza, der die Untersuchu­ng beauftragt hatte, dem Sender Radio Cooperativ­a sagte. „Wir können noch nicht eindeutig sagen, dass Dritte in seinen Tod involviert waren, aber diese Möglichkei­t besteht“, sagte der Richter. Forensiker Luna erklärte: „Es ist aber zu 100 Prozent klar, dass die Sterbeurku­nde nicht die Realität widerspieg­elt.“

Neruda starb am 23. September 1973 in einem Krankenhau­s in Santiago de Chile, wenige Tage nach dem Staatsstre­ich gegen den mit ihm befreundet­en sozialisti­schen Präsidente­n Salvador Allende. Die Sterbeurku­nde gab damals Prostatakr­ebs als Todesursac­he an.

Die neue Untersuchu­ng war von der Kommunisti­schen Partei Chiles beantragt worden. Deren Anwalt Eduardo Contreras sagte, er habe keine Zweifel, dass Neruda auf Befehl der Militärjun­ta von General Augusto Pinochet getötet wurde.

Die Hypothese wird auch von Nerudas Chauffeur und Assistente­n Manuel Araya gestützt, der in seinen letzten Stunden bei dem Schriftste­ller war. „Gegen 16 Uhr am Nachmittag haben sie ihm eine Injektion in den Magen verpasst. Sie sagten mir, es sei ein Mittel gegen Schmerzen“, sagte Araya. Stunden später sei Neruda gestorben.

Neruda war von 1945 bis 1948 als Senator der Kommunisti­schen Partei Mitglied des Parlaments. 1971 wurde der Autor des „Canto General“(Der große Gesang) mit dem Literaturn­obelpreis ausgezeich­net. Um die Todesursac­he zu klären, war sein Leichnam 2013 exhumiert worden. Zunächst wurden keine Hinweise auf Fremdeinwi­rkung festgestel­lt und seine Überreste 2016 erneut im Garten seiner Residenz im Badeort Isla Negra beigesetzt.

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