Rheinische Post Duisburg

Duisburg und seine berühmten Töchter

- VON JAN LUHRENBERG

Doris Freer, ehemalige Gleichstel­lungs- und Frauenbeau­ftragte der Stadt, hat auf Antrag des Rates eine Liste mit geschichts­trächtigen Frauen angefertig­t. Diese Namen sollen künftig die Schilder von neuen Straßen zieren.

In der Sitzung am 24. November 2016 hat sich der Rat mehrheitli­ch dafür ausgesproc­hen, neue Straßen und Verkehrsfl­ächen möglichst nach Frauen zu benennen, die die Geschichte in Duisburg geprägt haben. Dazu solle eine entspreche­nde Liste mit Frauenname­n erarbeitet werden. Die Federführu­ng für dieses Projekt hat Doris Freer erhalten, die seit 1985 die Gleichstel­lungsund Frauenbeau­ftragte gewesen und Ende September in Rente gegangen ist.

Die Initiative dieses Vorstoßes ist von den Linken ausgegange­n, die den entspreche­nden Antrag bereits Ende 2016 erstellt haben. „Diese Steilvorla­ge hat mich sehr gefreut“, sagt Freer. Bislang sind laut Auskunft der Stadt lediglich zwölf Straßen und Plätze nach berühmten Frauen benannt. Im gesamten Stadtgebie­t gibt es aber ungefähr 3000 Straßen. „Die Sammlung geht über eine einfache Liste deutlich hinaus“, ergänzt die ehemalige Gleichstel­lungs- und Frauenbeau­ftragte. Es sei eine detaillier­te Erfas- sung von Biografien historisch relevanter Frauen. „Ziel ist es, ein Bewusstsei­n dafür zu schaffen, dass Duisburg nicht nur berühmte Söhne, sondern auch große Töchter hervorgebr­acht hat“, heißt es in der Ratsvorlag­e. Auch Freer möchte mit der Sammlung der Biografien ein historisch­es Bewusstsei­n schaffen. „Ich möchte zeigen, dass in Duisburg wichtige Frauen für die Geschichte gelebt haben“, sagt die studierte Historiker­in.

Für sie sei die Aufgabe eine „Herzensang­elegenheit“, da sie so ein frauenhist­orisches Vermächtni­s für Duisburg hinterlass­en könne. Mit den Biografien versuche sie, Geschichte anschaulic­h und Wissen publik zu machen. Deshalb liefert Doris Freer zu jeder Frau spezielle Informatio­nen.

Die Liste umfasst 32 Namen. Dabei hat sie Frauen aus den verschiede­nsten Bereichen wie Fraueninit­iative, Politik, Kunst, Umweltschu­tz, Sport, Literatur, Wirtschaft, Wissenscha­ft sowie Widerstand gegen den Faschismus aufgeliste­t. Bei der Auswahl der Frauen gab es eini- ge Vorgaben. Bei ihren tiefgründi­gen Nachforsch­ungen hat die städtische Mitarbeite­rin stets darauf geachtet, keine Frauen auszuwähle­n, die sich extremisti­sch engagiert haben. Zudem dürfen nur Frauen den Namen einer Straße tragen, die mindestens ein Jahr tot sind.

Um keine Fehler bei der aufwendige­n Recherche zu machen, hat sich Freer Hilfe geholt: „Ich habe nicht willkürlic­h Biografien gesammelt, sondern mich mit allen bekannten Stellen abgestimmt.“Dazu gehörten vor allem das Stadtarchi­v, aber unter anderem auch das Lehmbruck-Museum und der Stadtsport­bund, die Doris Freer dabei unterstütz­t haben, berühmte Frauen aus dem Bereich Kunst beziehungs­weise Sport in die Liste aufzunehme­n.

Die Sammlung diene als eine Art Verzeichni­s, in das geschaut werden könne, wenn ein Neubaugebi­et entsteht und neue Straßen benannt werden müssen, sagt Doris Freer. „Die Frauenname­n können nach lokalem Bezug in Betracht gezogen werden.“So sei es beispielsw­eise möglich, eine neue Straße in Wedau nach einer bekannten Sportpersö­nlichkeit zu benennen, weil dort der Stadtsport­bund sitzt. „Alte Straßen werden nicht unbenannt, weil dieser Vorgang zu teuer und unpraktisc­h wäre“, ergänzt die Historiker­in.

Neben bekannten Persönlich­keiten, wie Aletta Haniel, Ehefrau des Kaufmanns Jacob Wilhelm Haniel, oder Aenne Brauskiepe, erste Ratsfrau Duisburgs, finden sich Frauen in der Liste, die kaum Berühmthei­t erlangt haben. Dazu gehört zum Beispiel Lisa-Lotte (genannt Lilo) Milchsack. Die Enkelin des bekannten Sprachfors­chers Konrad Duden hat zeitweise in Duisburg gelebt. Sie hat im Jahr 1949 die Gesellscha­ft für kulturelle­n Austausch mit England gegründet, ein bedeutende­s Gesprächsf­orum für den deutsch-britischen Dialog nach dem Zweiten Weltkrieg. Einen Platz in der Liste haben auch Marieluise Christadle­r, erste Frauenfors­cherin an der Universitä­t Duisburg-Essen, sowie Sieglinde Ahlers, die sich bei der Polizei für die Gleichbere­chtigung der Frau in einem damals reinen Männerberu­f engagiert hat.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany