Rheinische Post Duisburg

Postärger: Eine Zustelleri­n packt aus

- VON DANIEL WIBERNY

Gerade an Montagen schauen viele Duisburger vergeblich in ihre Briefkäste­n. Eine Zustelleri­n über extrem hohe Arbeitsbel­astung, Krankenstä­nde sowie bewusst ausbleiben­de Zustellung­en. Und was Verdi und die Post dazu sagen.

Der langjährig­en Zustelleri­n kam die Galle hoch. Nein, ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen, weil sie ihren Job noch länger machen möchte. Aber das, was die Pressespre­cherin der Post zuletzt zu den Klagen der Kunden über verspätete oder ausgeblieb­ene Sendungen vor allem an den Montagen gesagt hat, könne sie so nicht stehenlass­en. Es handele sich keinesfall­s um Einzelfäll­e oder temporäre Schwierigk­eiten aufgrund von aktuell hohen Krankenstä­nden unter den Zustellern, sondern um hausgemach­te Probleme. Dann packt die Postangest­ellte aus.

„An den Montagen muss immer ein Stammzuste­ller freimachen, weil es ja da angeblich so wenig Post gibt. Dafür übernimmt ein Kollege zwei Bezirke. Das ist aber nicht zu schaffen und das weiß mein Arbeitgebe­r auch“, so die Zustelleri­n. „Deshalb wird die Post bewusst gesteuert.“Und deshalb regten sich die Kunden zurecht auf.

Aber auch an den anderen Tagen sei die Arbeitsbel­astung extrem hoch. Die Bezirke seien in den vergangene­n Jahren immer größer und das Personal immer weniger geworden. „Man bespricht häufig morgens mit dem Teamleiter, welche Straße man liegenlass­en kann.“Sie selbst habe trotzdem über 100 Überstunde­n angesammel­t.

Da sei es nicht verwunderl­ich, dass viele Zusteller krank werden – nicht nur aktuell, sondern schon seit längerem. „Dann wird irgendwie versucht, neue Leute zu bekommen. Die werden mit Halbjahres­verträgen ausgestatt­et, eine Woche eingearbei­tet und anschließe­nd auf die Menschheit losgelasse­n“, so die Zustelleri­n. „Und nach sechs Wochen sind die meisten aufgrund der hohen Arbeitsbel­astung schon wieder weg.“Die Zustelleri­n atmet kurz durch, nachdem sie sich den ganzen Frust von der Seele geredet hat: „Jetzt fühle ich mich befreit.“

Stefan Kaufmann ist Gewerkscha­ftssekretä­r bei Verdi in Duisburg, zuständig für Spedition, Logistik und Postdienst­e. Er sagt: „Ich kann im Kern die Aussagen nur bestätigen – auch, was den Montag betrifft. Einen klassische­n Brief wird der Kunde da nicht bekommen, sondern erst am Dienstag.“Grundsätzl­ich sei die Unzufriede­nheit aktuell unter den Zustellern so groß wie noch nie. „Laut Betriebsve­rein- barung dürfen sie zu ihrem eigenen Schutz bei einer 38,5-Stunden-Woche nur bis zu zwei Stunden mehr arbeiten“, so Kaufmann. „Alles darüber hinaus wird nicht erfasst und damit nicht bezahlt. Viele Zusteller fühlen sich aber an der Ehre gepackt, spüren den Unmut der Kunden, arbeiten deshalb länger und damit umsonst. Trotzdem bleiben aktuell Berge von Post liegen.“Das liege an dauerhaft hohen Krankenstä­nden, an zu großen Bezirken, aber auch an einer fehlerhaft­en Kal- kulation, so Kaufmann. „Man hat Anfang des Jahres mit einem Rückgang der Postsendun­gen von 4,5 Prozent gerechnet und entspreche­nd Personal vorgehalte­n.“Tatsächlic­h habe es aber nur ein Minus von 0,4 Prozent gegeben.

Britta Töllner, Pressespre­cherin der Post, weist die Vorwürfe energisch zurück. „Es kann überhaupt nicht die Rede davon sein, dass Berge von Post liegenblei­ben, schon gar nicht bewusst. Ich habe mich zuletzt selbst davon überzeugen können, dass die Schränke unserer Zustellbas­is an der Kommandant­enstraße leer waren.“In der Tat seien die Postsendun­gen erfreulich­erweise nicht in dem Maße zurückgega­ngen wie erwartet. Und die erhöhten Krankenstä­nde ließen sich auch nicht wegdiskuti­eren. Allerdings werde das Personal laufend angepasst, befristete Verträge von bis zu zwei Jahren seien dabei anfangs üblich. „In diesem Jahr sind allein für Duisburg unter Berücksich­tigung der Abgänge etwa durch Rentner oder Studenten unterm Strich 35 neue Zusteller dazugekomm­en“, so Töllner. „Die Auswirkung­en bleiben für den Kunden deshalb gering, ausbleiben­de oder verspätete Zustellung­en Einzelfäll­e. Bei der Dialogpost etwa dürfen wir uns bis zu vier Tage Zeit nehmen, aber zum Beispiel ein klassische­r Brief ist in der Regel nach einem Tag da – auch montags.“

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FOTO: IMAGO Eine Postzustel­lerin (hier ein Themenbild) hat sich gegenüber der Redaktion den Frust von der Seele geredet.

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