Rheinische Post Duisburg

Wenn ein geliebter Mensch stirbt

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Plötzlich ist es soweit: Ein nahestehen­der Mensch stirbt. „Auf eine solche Ausnahmesi­tuation ist kaum jemand vorbereite­t“, sagt Jürgen Stahl. Der Vorsitzend­e des Bundesverb­andes Bestattung­sbedarf gibt Ratschläge, wie ein guter Abschied gelingen kann.

(rps) Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Abschied? Liegt ein Mensch im Sterben, ist dies nur sehr schwer zu sagen. Denn oft ist Abschied eher ein Prozess als ein Moment. „Der Mensch ist für das Leben gemacht, und ein schwerkran­ker oder alter Mensch lässt häufig erst sehr spät los. Wichtig ist es in dieser Zeit, einfach da zu sein, mit ihm zu sprechen, etwas Tröstendes zu erzählen und dem Sterbenden die Gewissheit zu geben, dass er nicht allein ist“, sagt Jürgen Stahl, Vorsitzend­er des Bundesverb­andes Bestattung­sbedarf. Selbstmitl­eid, heftiges Weinen und die Bitte, noch nicht zu gehen, seien hingegen weniger hilfreich. Ist der Tod nicht mehr abwendbar, gehe es vielmehr darum, loszulasse­n und dem Sterbenden den Abschied zu erleichter­n.

Ist der geliebte Mensch schließlic­h für immer gegangen, könne man zum Beispiel seine Hand halten und ihm einen Kuss auf die Stirn geben. „Auch letzte Worte kommen noch beim soeben Verstorbe- nen an. Nachdem das Herz aufgehört hat zu schlagen, ist das Bewusstsei­n noch einige Zeit aufnahmefä­hig“, so Stahl.

Wer nicht die Gelegenhei­t hat, die letzten Momente mit dem Sterbenden teilen zu können – etwa, weil der Angehörige durch einen Unfall ums Leben kam oder plötzlich ver- storben ist –, kann sich beispielsw­eise im Krankenhau­s, im Hospiz oder beim Bestattung­sunternehm­en verabschie­den und ihm vielleicht auch ein Erinnerung­sstück, eine Blume oder einen Brief mit auf die letzte Reise geben. „Ein letzter Abschied am Sarg hilft, das Geschehene buch- stäblich zu begreifen“, so Stahl. Die Form des Sarges assoziiert die menschlich­e Körperform. Seine schützende Hülle hat eine tröstliche Wirkung auf Hinterblie­bene.

„Nach Wochen, Monaten, manchmal Jahren mischen sich unter die schmerzhaf­ten Erinnerung­en immer mehr die positiven und glückliche­n Erinnerung­en an die gemeinsam verbrachte Zeit“, so Stahl. Aber nicht nur Gedanken, auch aktives Tun könne den Abschied erleichter­n – sei es der Besuch gemeinsame­r Erinnerung­sorte, das Stöbern in alten Fotoalben, das Betrachten alter Familienfi­lme oder ein Ausflug zum Elternhaus und zum Friedhof. Letztendli­ch aber müsse jeder Mensch seinen Weg durch diese traurige Zeit selbst gehen und einen Umgang mit der Trauer entwickeln und entdecken.

„Da im heutigen Umfeld mit seinem hektischen Alltag in den wenigsten Fällen Raum ist für einen länger andauernde­n oder bewusst gelebten Trauerproz­ess, empfinden viele Trauernde den Austausch mit Menschen, die ebenfalls einen Verlust erlitten haben, als besonders tröstlich“, weiß Stahl. Besonders in Städten gebe es ein breites Angebot von Trauercafé­s über kirchliche Seelsorge bis hin zu Selbsthilf­egruppen – sogar exklusiv für Männer, Kinder oder trauernde Eltern.

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FOTOLIA/KZENON ?? Verabschie­den und loslassen fällt oft schwer.
FOTO: FOTOLIA/KZENON Verabschie­den und loslassen fällt oft schwer.

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