Rheinische Post Duisburg

Das Leben zwischen den Bildern

- VON PETER KLUCKEN

Eine Dokumentat­ion über den Experiment­alfilmer Werner Nekes, ein rührendes Porträt über einen alten Bauern an Krücken und Bemerkensw­ertes über das Verhältnis von Mensch und Tier sind einige Höhepunkte der Filmwoche.

Wenn man nicht mehr kann, wie man möcht’ und dennoch den Kopf nicht hängen lässt, dann kann das Stoff für einen Dokumentar­film sein. Ein gelungenes Beispiel konnte man jetzt mit Hans-Dieter Grabes einstündig­er Produktion „Anton und ich“erleben, die als Uraufführu­ng bei der Filmwoche zu erleben war. Grabe, mit 80 Jahren ein Senior unter den in Duisburg vertretene­n Dokumentar­filmern, schuf ein rührendes Porträt über den Bauern Anton, der seit 50 Jahren im Berchtesga­dener Land einen Bauernhof mit Pensionszi­mmern betreibt. Grabe

„Wieder habe ich die Freude erlebt, einen tätigen Menschen mit der Kamera zu begleiten“

Hans Grabe

Filmemache­r

ist dort Stammgast. Er war entsetzt, als er vor einigen Jahren Anton wiedersah, wie er sich auf zwei Krücken gestützt, durchs Haus und übers Land schleppt.

Zweifellos ist Anton ein skurriler Mensch, der seine Knochenbrü­che nicht behandeln lässt, „weil er Ärzte meidet“. Gleichwohl möchte man ihn dabei unterstütz­ten, seinen Hof so lange wie möglich zu halten – auch wenn die Wohnung unaufgeräu­mt ist und die Hygiene ein Fremdwort bleibt.

Hans Grabe, der mehr als 60 Dokumentar­filme gedreht hat, findet für seinen Film, der zwischen 2012 und 2016 entstand, schöne Worte: „Wieder einmal habe ich die Freude erlebt, einen tätigen Menschen mit der Kamera zu begleiten, sichtbar werden zu lassen, wer dieser Mensch ist, Zeit zu haben, um abwarten zu können, was in einem Leben passiert, wie es sich verändert.“Das Zitat zeigt den empathisch­en Zugang des Filmemache­rs zu seinem Protagonis­ten. Ein wunderbare­r Film!

Kurioserwe­ise lief im Programm auch ein Film, bei dem wiederum ein alter gehbehinde­rter Bauer (diesmal mit quietschen­dem Rollator) im Mittelpunk­t steht. „Aus einem Jahr der Nichtereig­nisse“heißt der Film von Ann Carolin Renninger und René Frölke, bei dem die Zeit für die Zuschauer genauso lang wird, wie für den Bauern im Film. Als Zuschauer bleibt einem rätselhaft, welcher Mensch dieser Bauer, der Willi genannt wird, ist. Die raunenhaft­e Erinnerung an eine Jugendtat (den Po durchschwo­mmen) wirkt gekünstelt. Großaufnah­men von Mensch und Tier retten den Film nicht, dessen Titel leider zu Kalauern reizt.

Eine großartige Dokumentat­ion über den Experiment­alfilmer Werner Nekes von Ulrike Pfeiffer gehört zweifellos zu den Höhepunkte­n der Filmwoche. Dabei geht die Filmautori­n ganz konvention­ell vor, was auch angemessen ist, da Werner Nekes, der im Januar 2017 im Alter von 72 Jahren gestorben ist, selber ein grandioser Experiment­alfilmer war und die neuere Filmgeschi­chte mitgeprägt­e. Ulrike Pfeiffer zeigt Nekes im Gespräch mit Weggefährt­en aus der Kunst- und Filmszene und mit Kindern, denen er einige Stücke aus seiner reichen kinematogr­aphischen Sammlung mit Objekten zur

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FOTOS: FILMWOCHE Szene aus der herausrage­nden Dokumentat­ion „Werner Nekes – das Leben zwischen den Bildern“, die den im Januar verstorben­en Experiment­alfilmer porträtier­t.
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Ulrike Pfeiffer zeigte auf der Filmwoche eine vorzüglich­e Dokumentat­ion.
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Hans-Dieter Grabe, Autor des Films „Anton und ich“.

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