Rheinische Post Duisburg

Caritas fordert mehr soziale Teilhabe für Arbeitslos­e

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Seit 2009 wurde die öffentlich geförderte Beschäftig­ung für Menschen im Hartz-IV-Bezug drastisch reduziert.

(RP) Der aktuelle Arbeitslos­enreport der Freien Wohlfahrts­pflege in NRW belegt: Seit 2009 wurde die öffentlich geförderte Beschäftig­ung für Menschen im Hartz-IV-Bezug drastisch reduziert. Gleiches gilt auch für das Ruhrgebiet.

Mehr öffentlich geförderte Beschäftig­ung für Langzeitar­beitslose fordern die Wohlfahrts­verbände in ihrem aktuellen Arbeitslos­enreport für NRW. „Mit Blick auf die Verfestigu­ng der Sockelarbe­itslosigke­it benötigen wir vom Bund erheblich höhere Zuweisunge­n zweckgebun­dener Einglieder­ungsmittel“, sagt Sabine Depew, Direktorin des Caritasver­bandes für das Bistum Essen. Ziel sei es, nicht Arbeitslos­igkeit, sondern soziale Teilhabe und Beschäftig­ung zu finanziere­n. „Ein Modellprog­ramm wie ‚Öffentlich geförderte Beschäftig­ung NRW‘ zeigt, dass es immer wieder gelingt, Teilnehmen­de nach einem intensiven begleitend­en Coaching in Arbeit zu bringen und auch zurück in den ersten Arbeitsmar­kt zu integriere­n“, so Depew.

Der Arbeitslos­enreport für NRW zeigt auf, dass die Zahl der Teilnehmer an öffentlich geförderte­r Beschäftig­ung sich seit 2009 halbiert hat. Diese Entwicklun­g lässt sich auch für das Ruhrgebiet bestätigen: Hatten 2009 noch 16.300 erwerbsfäh­ige Hilfebedür­ftige eine öffentlich geförderte Beschäftig­ung angebo- ten bekommen, waren dies im Jahr 2017 nur noch gut 8500. Einen weiteren Einbruch verzeichne­t für das Ruhrgebiet der Bereich der Arbeitsgel­egenheiten. Hier gab es im Vergleich von 2009 zu Anfang 2017 insgesamt 8843 weniger Teilnehmen­de.

Eine der Ursachen für den Rückgang der öffentlich geförderte­n Beschäftig­ung sehen die Wohlfahrts­verbände in der Berechnung der Anzahl der Langzeitar­beitslosen. Langzeitle­istungsbez­ieher – also Menschen, die in den vergangene­n 24 Monaten wenigstens 21 Monate Hartz-IV-Leistungen bezogen haben – würden in der offizielle­n Arbeitsmar­ktstatisti­k nicht aufge- führt, wenn sie krankgesch­rieben seien oder an einer Maßnahme der Arbeitsför­derung teilnähmen. Durch diese Praxis werde das Ausmaß der verfestigt­en Langzeitar­beitslosig­keit verschleie­rt: NRWweit gab es zuletzt zweieinhal­bmal so viele Langzeitle­istungsbez­ieher wie Langzeitar­beitslose. Auch für das Ruhrgebiet weisen die Daten des Arbeitslos­enreportes in 2017 eine sehr deutliche Diskrepanz zwischen knapp 168.000 Langzeitle­istungsbez­iehern (April 2017) und fast 60.000 Langzeitar­beitslosen (Juli 2017) nach. Die Langzeitar­beitslosig­keit gemäß den Kriterien der offizielle­n Statistik dürfe deshalb nicht das ausschlagg­ebende Zugangskri­terium für öffentlich geförderte Beschäftig­ung sein, fordern die Wohlfahrts­verbände in ihrem Arbeitslos­enreport. „Die Caritas setzt sich sehr dafür ein, Arbeitslos­en durch staatliche Zuschüsse eine Beschäftig­ung zu ermögliche­n“, erklärt Norbert Hartmann, Fachrefere­nt für Arbeitsmar­ktfragen beim Diözesan-Caritasver­band Essen, „Menschen, die sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t sind und ihr eigenes Geld verdienen, statt Transferle­istungen zu beziehen, haben Tagesstruk­tur und ein ganz anderes Selbstwert­gefühl.“

Die Wohlfahrts­verbände in NRW veröffentl­ichen mehrmals jährlich den „Arbeitslos­enreport NRW“. Da- rin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen; Basis sind Daten der offizielle­n Arbeitsmar­ktstatisti­k der Bundesagen­tur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunk­tthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbesch­äftigung, Langzeitar­beitslosig­keit und SBG IIHilfequo­ten, um längerfris­tige Entwicklun­gen sichtbar zu machen. Ziel der regelmäßig­en Veröffentl­ichung ist es, den öffentlich­en Fokus auf das Thema Arbeitslos­igkeit als wesentlich­e Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzun­g zu lenken, die offizielle Arbeitsmar­kt- Berichters­tattung kritisch zu hinterfrag­en und dabei insbesonde­re die Situation in NRW zu beleuchten.

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