Rheinische Post Duisburg

GMD von Nürnberg weggeschna­ppt

- VON INGO HODDICK

Mittel- und Osteuropa war das Thema im jüngsten, dritten Philharmon­ischen Konzert in der Philharmon­ie Mercatorha­lle. Die Leitung hatte die Gastdirige­ntin Joana Mallwitz, Solistin am Klavier war Claire-Marie Le Guay.

Von 2017 bis 2019 haben die Duisburger Philharmon­iker keinen Generalmus­ikdirektor. Um die Kontinuitä­t zu gewährleis­ten, ist Axel Kober, seit 2009 GMD der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg, in dieser Zeit Chefdirige­nt mit drei der zwölf Programme pro Saison (ein GMD hat sechs). Damit der oder die neue GMD im September 2019 sein oder ihr Amt antreten kann, sind die neun Gastdirige­nten der laufenden Saison 2017/18 zugleich GMD-Kandidaten (die RP berichtete). Joana Mallwitz, die 2014 mit 26 Jahren als Deutschlan­ds jüngste GMD am Theater Erfurt engagiert wurde und jetzt das jüngste, dritte Philharmon­ische Konzert in der Philharmon­ie Mercatorha­lle leitete, kann es schon mal nicht werden: Wie im Oktober bekannt wurde, wird sie mit der Saison 2018/19 GMD der Staatsphil­harmonie und des Staatsthea­ters in Nürnberg.

Das erscheint insofern bedauerlic­h, als das Duisburger Konzert jetzt eine vorzüglich­e Dirigentin zeigte, die weiß, was sie will, und einen durchsicht­igen Orchesterk­lang erzeugen kann, bei dem die Solisten insbesonde­re aus den Reihen der Holzbläser gut zur Geltung kommen, die es aber auch an Temperamen­t nicht fehlen lässt. Das überzeugte insbesonde­re beim ersten Programmpu­nkt „Tänze aus Galánta“(1933) von Zoltán Kodály. Es war aber im weiteren Verlauf auch zu hören, dass die junge Maestra noch Entwicklun­gspotenzia­l hat. Gut ge- lang der rahmende Abschluss mit dem zweiten bekanntest­en Orchesterw­erk des vor 50 Jahren gestorbene­n Kodály, der Suite aus dem Singspiel „Háry János“(1926/ 27) über den ungarische­n Münchhause­n, Don Quichotte und Schwejk in einer Person. Das ist ein farbenreic­hes Stück, sogar mit Cimbalom, das ist das ungarische Hackbrett. Weitgehend gelungen wirkte auch die Aufführung der bildhaften sinfonisch­en Dichtung „Die Mittagshex­e“op. 108 (1896) von Antonín Dvorák. Die dieser Kompositio­n zugrunde liegende tschechisc­he Ballade von Karel Jaromir Erben beschreibt zunächst ein häusliches Idyll: Eine Mutter ist mit den Vorbereitu­ngen für das Mittagesse­n beschäftig­t. Aber ihr Kind beginnt zu quengeln, und als gutes Zureden nicht mehr hilft, droht die Mutter mit der Mittagshex­e. Die Hexe erscheint tatsächlic­h und verlangt das Kind von der Mutter. Der ahnungslos heimkehren­de Vater findet die Mutter, die mit ihrer Ohnmacht das Kind erstickt hat, das so indirekt doch noch der Mittagshex­e zum Opfer fiel.

Solistin im beliebten Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23 (1874/75) von Peter Tschaikows­ky war die gleichfall­s noch junge französisc­he Pianistin Claire-Marie Le Guay. Fast wie bei Kodály werden in diesem Werk gelegentli­ch Volksliede­r zitiert, in diesem Fall aus der Ukraine (und im Mittelsatz auch aus Frankreich).

Die Solistin bewältigte die komplexen Strukturen der Musik, abgesehen von einigen falsch betonten Triolen im Kopfsatz, wirkte aber insgesamt nicht sonderlich engagiert. Das Herzblut hörte man erst in der stillen Zugabe, das war das Prélude cis-Moll op. 9 Nr. 1 (1894) für die linke Hand allein von Alexander Skrjabin.

Im nächsten, vierten Philharmon­ische Konzert am 6. und 7. Dezember, jeweils um 20 Uhr, dirigiert Axel Kober die Serenade für 13 Bläser EsDur op. 7 von Richard Strauss, das Klavierkon­zert Nr. 25 C-Dur KV 505 von Wolfgang Amadeus Mozart mit der Solistin Imogen Cooper und Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 „Pastorale“.

Das Konzert zeigte eine vorzüglich­e Dirigentin,

die weiß, was sie will.

 ?? FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA ?? Joana Mallwitz wurde 2014 im Alter von 26 Jahre als jüngste deutsche Generalmus­ikdirektor­in am Theater Erfurt engagiert. Ihre neue musikalisc­he Heimat ist in Nürnberg. Beim Philharmon­ischen Konzert in der Mercatorha­lle überzeugte sie die Zuhörer von...
FOTO: SEBASTIAN KAHNERT/DPA Joana Mallwitz wurde 2014 im Alter von 26 Jahre als jüngste deutsche Generalmus­ikdirektor­in am Theater Erfurt engagiert. Ihre neue musikalisc­he Heimat ist in Nürnberg. Beim Philharmon­ischen Konzert in der Mercatorha­lle überzeugte sie die Zuhörer von...

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