Rheinische Post Duisburg

Schulen wenden sich von Turbo-Abi ab

- VON JAN LUHRENBERG

In der Debatte um die Umstellung des Schulsyste­ms stellen sich die Duisburger Gymnasien hinter die Landesregi­erung, die den Abschluss nach 13 Jahren fordert. Doch auch eine Wahlmöglic­hkeit für einzelne Schulen ist möglich.

Es gibt 14 Gymnasien in Duisburg, die seit dem Jahr 2005 alle das so genannte Turbo-Abi anbieten, bei dem Schüler ihren Abschluss innerhalb von acht Jahren machen. Für das Schuljahr 2019/20 möchte die Landesregi­erung bekanntlic­h zu G9 zurückkehr­en. Das bedeutet, dass Schüler erst nach Ende der 13. Klasse ihren Abschluss machen. Betroffen sind die Jahrgänge fünf und sechs der Schulen, also auch die Kinder, die zum Schuljahr 2018/ 2019 am Gymnasium aufgenomme­n werden. Eine Ausweitung auf ältere Jahrgänge ist nicht beabsichti­gt.

Thomas Krützberg, Leiter des Dezernats für Familie, Bildung und Kultur, teilt mit, dass sich die meisten Duisburger Gymnasien für die Wiedereinf­ührung des Schulabsch­lusses nach neun Jahren ausspreche­n. „Die Schulen stehen fast einheitlic­h hinter G9“, bilanziert der Dezernent. Christof Haering, Direktor des Landferman­n-Gymnasiums und zugleich Schulforms­precher für Duisburgs 14 Gymnasien, sagte gegenüber unserer Zeitung, dass die Meinungsbi­ldung unter seinen Kollegen noch nicht abgeschlos­sen sei.

Thomas Krützberg Zurzeit sei er dabei, die jüngste Fassung des Referenten­entwurfs gründlich zu studieren, um zu klären, ob alle bisherigen Unklarheit­en ausgeräumt sind. Ende des Monats werde es eine Direktoren­konferenz geben. Anschließe­nd möchte Haering eine Erklärung zu G8 und G9 in Duisburg abgeben.

Möglich sei, dass alle Duisburger Gymnasien ein Votum für eine neunjährig­e Gymnasialz­eit abgeben. Dass es ein einheitlic­hes Votum für G8 geben wird, hält Haering für unwahrsche­inlich. Gleichwohl müsse man überlegen, ob es für einige Schüler nicht angemessen sei, wenn sie die Möglichkei­t bekommen, nach acht Jahren ihr Abitur zu machen. Selbst an seinem Landferman­n-Gymnasium sei der Meinungsbi­ldungsproz­ess im Lehrerkoll­egium noch nicht abgeschlos­sen.

Das Ruhrbistum Essen, das in Duisburg das St. Hildegardi­s-Gymnasium in der Innenstadt und das Abtei-Gymnasium in Hamborn betreibt, spricht sich deutlich gegen das Turbo-Abi aus. „Als Träger von vier Gymnasien wird sich das Bistum Essen dem neuen Weg zu G9 anschließe­n“, teilt der kommissari­sche Schuldezer­nent Harald Gesing mit. Dies gelte indes vorbehaltl­ich der noch nicht bekannten schulische­n und wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen. Um den Eltern künftiger Fünftkläss­ler möglichst früh eine Orientieru­ng anzubieten, habe sich das Bistum bereits zu diesem frühen Zeitpunkt festgelegt, ergänzt Gesing.

Krützberg hält das Abitur nach neun Jahren auf der weiterführ­enden Schule für sinnvoll. „Aus der Erfahrung mit meinen Kindern ist das Lernen im G9-System nicht so stressig wie bei G8“, sagt der Stadtdezer­nent. Doch Krützberg äußert auch Bedenken: „Alles, was erst vor wenigen Jahren umgeändert worden ist, müsste wieder neu aufgelegt werden.“Dieser Prozess sei für die Schulen nicht leicht zu stemmen, die momentan eh schon Probleme mit erhöhter Schülerzah­l hätten.

„Wenn G9 zurückkomm­t, dann bedeutet das auch mehr Schüler, mehr Klassen und mehr Schulraum, der benötigt wird“, erklärt der Dezernent. Dies sei mit einem hohen finanziell­en Aufwand für die Stadt verbunden, die dafür sorgen müsse, dass der vorhandene Schulraum ausgebaut wird. Das NRW-Schulminis­terium rechnet mit Kosten für die Kommunen ab dem Schuljahr 2026/ 2027, wenn der 6. Jahrgang des Jahres 2019/2020 in die 13. Klasse kommt.

In der Debatte um die Länge der Schulzeit spielt eine Wahlfreihe­it für Schulen, wie es die Landesregi­erung festgelegt hat, eine große Rolle. Den einzelnen Gymnasien wäre es demnach freigestel­lt, ob sie ihre Schüler in acht Jahren (G8) oder neun Jahren (G9) zum Abitur führen. Die Entscheidu­ng träfe dann die Schulkonfe­renz – bestehend aus Schülern, Eltern und Lehrer – mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Allerdings sollen Schulen, die sich nicht aktiv für eine Beibehaltu­ng von G8 ausspreche­n, zu G9 zurückkehr­en. Haering hält beispielsw­eise für denkbar, dass es durchaus möglich sein wird, an einigen Duisburger Gymnasien weiterhin in der verkürzten Zeit die Hochschulr­eife zu erlangen.

„Die Schulen stehen fast einheitlic­h hinter G9“

Schuldezer­nent in Duisburg.

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RP-FOTO: ANDREAS PROBST

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