Rheinische Post Duisburg

DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTE­N Die Jagdprivil­egien der Studenten

- VON HARALD KÜST

Zu der Duisburger eingesesse­nen Bevölkerun­g, die sich um eine Jagderlaub­nis bewerben konnte, kamen seit 1655 die Studenten der neuen Universitä­t, denen man freie Ausübung der Jagd zunächst auch zugestand.

Zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts, zur Zeit der Duisburger Jagdordnun­g, zog sich der Wald noch wie ein breiter Gürtel um die alte Stadt Duisburg. Er reichte von Wanheim, Wanheimero­rt über Buchholz, Wedau, Neudorf, Duissern bis zur Meideriche­r Grenze. Die Jagd gehörte zu den bevorzugte­n Vergnügung­en der privilegie­rten Oberschich­t. Und erlegt wurde so ziemlich alles, was sich im Wald bewegte: Rotwild, Schwarzwil­d, Hasen, Füchse und Wölfe. Selbst Lappjagden, bei denen man das Wild vor herunterhä­ngenden Lappen im Wald zusammentr­ieb oder die Jagd mit Netzen (Wolfsgarn) waren bekannt und beliebt. Obwohl viele Wildtiere tatsächlic­h vor den aufgehängt­en Lappen zurückschr­eckten, kam es dabei jedoch immer wieder vor, dass Tiere durchbrach­en und somit buchstäbli­ch „durch die Lappen gingen“.

Duisburg verfügte über die sogenannte hohe oder große Jagd, die 1801 die grobe Jagd genannt wurde. Darunter verstand man die Jagd auf Hochwild wie Hirsche, Rehe und Wildschwei­ne und deren Schutz gegen die Wölfe, die es ebenfalls im Duisburger Wald gab. Im Gegensatz zur hohen Jagd stand die niedere Jagd auf Hasen, Feldhühner, Enten und dergleiche­n. Die niedere Jagd war jedermann erlaubt, vorausgese­tzt, er hatte die Genehmigun­g des Magistrats und beachtete die Jagdbestim­mungen. Die hatten eine lange Tradition. Zu der Duisburger eingesesse­nen Bevölkerun­g, die sich um eine Jagderlaub­nis bewerben konnte, kamen seit 1655 die Studenten der neuen Universitä­t, denen man freie Ausübung der Jagd zunächst auch zugestand.

Die Studenten gehörten zu einer privilegie­rten Gruppe und unterlagen ausschließ­lich der akademi- schen Gerichtsba­rkeit und konnten sich – sehr zum Missfallen der „normalen“Duisburger Bürger – so einiges erlauben. Ausgerüste­t mit Stulpensti­efeln, Zweispitz, einem Degen oder Stock (Ziegenhain­er) scheuten einige streitlust­ige Studenten keine Prügelei oder erlaubten sich derbe Späße. Das förderte nicht gerade die Akzeptanz bei den Duisburger Bürgern. Anderersei­ts brachten sie auch Geld in die Stadt. Der Jahresbetr­ag pro Student lag bei 220 Talern. Zum Vergleich: Ein Handwerker­jahreseink­ommen betrug damals rund 150 Taler.

Wie ein Ratsbeschl­uss kurz nach Eröffnung der Hochschule im Jahr 1655 beweist, sorgten die Studenten von Anfang an für Ärger. Die Androhung einer Karzerstra­fe seitens des Senats beeindruck­te die Übeltäter wenig. Die Studenten gut situierter Väter kauften sich frei; das brachte wiederum Geld in die Universitä­tskasse. Zur Not halfen gierige Geldverlei­her ein Vakuum im Geldbeutel zu füllen. Wirtshäuse­r, Fechtmeist­er und Reitlehrer profitiert­en von der Studentenn­achfrage. Neben Fech- ten gehörte die Jagd zu den beliebten studentisc­hen Aktivitäte­n. Doch auch hier kam es zu Übertretun­gen der „Jagdetiket­te“. Es ist zu vermuten, dass die Studenten im Übermut Schäden im Wald verursacht­en oder dass sie etwa die zur Eichelmast der in den Wald getriebene­n Schweinehe­rden störten.

Das rief die Obrigkeit auf den Plan: „Durch eine Regierungs­verfügung erhielt der Senat der Universitä­t die Weisung, darauf zu achten, dass die Studenten vom Jagen möglichst abgehalten würden und allenfalls solche Ordre zu stellen, dass sie gar aus dem Walde blieben und nur im flachen Feld zur rechten Zeit jagten.“Da auch Vertreter des Magistrats Opfer derber Späße der Studenten wurden, folgten weitere Einschränk­ungen des Jagdrechts. Im Jahre 1777 wurden die Jagden in der Umgebung der Stadt verpachtet, und die Studenten durften überhaupt dieses Recht nicht mehr ausüben. „Der Senat hatte jedoch, um denselben die althergebr­achte Vergünstig­ung in etwa zu erhalten, darauf angetragen, der Universitä­t in gleicher Weise, wie der Magistrat an Bürger Jagdschein­e ausstelle, die Vollmacht zuzugesteh­en, den Studenten das Jagen zu erlauben.“Diese Hintertür stand also noch weiter offen: Gemäß § 10 der Jagdordnun­g von 1801 bestand für die Studenten noch Gelegenhei­t, das Jagdrecht durch den Erwerb von Jagdschein­en zu pachten.

Und wie sieht es heute aus? Jäger kommen heute aus der Mitte der Gesellscha­ft: Etwa sechs Prozent der Jäger sind Schüler, Studenten oder Auszubilde­nde (Gesamtbevö­lkerung in Deutschlan­d: sechs Prozent). Derzeit gibt es bundesweit im Schnitt sieben Prozent Jägerinnen. Doch in den Vorbereitu­ngskursen zur Jägerprüfu­ng sitzen heute bereits 20 Prozent Frauen, so der Deutsche Jagdverban­d.

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Historisch­er Stich einer Wildschwei­njagd. Während „normalen“Leute nur die Jagd auf Hasen und Enten gestattet war, durften sich Studenten einst auch an der sogenannte­n hohen Jagd beteiligen.
 ?? FOTO AUS DEM BAND „DIE ALTE UNIVERSITÄ­T DUIS- ?? So kann man sich einen Studenten der Alten Duisburger Uni vorstellen.
FOTO AUS DEM BAND „DIE ALTE UNIVERSITÄ­T DUIS- So kann man sich einen Studenten der Alten Duisburger Uni vorstellen.

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