Rheinische Post Duisburg

Eindrucksv­oll: Totenmesse kurz vor dem Totensonnt­ag

- VON STEPHAN SADOWSKI

OESTRUM Wie könnte es besser passen, als eine Totenmesse kurz vor dem Totensonnt­ag zu veranstalt­en? In dem Konzert „Libera me, domine“hatte Kantor Bernd Hänschke ausschließ­lich Titel zusammenge­stellt, die sich unmittelba­r mit dem irdischen Ableben beschäftig­en. In der evangelisc­hen Friedenski­rche Oestrum an der Lutherstra­ße zeigten etwa 100 Zuschauer Interesse für dieses musikalisc­he Totengeden­ken durch die Kantorei der Friedenski­rche, das als Höhepunkt die Aufführung des romantisch­en Requiems von Gabriel Fauré hatte.

Ruhige, introverti­erte eineinhalb Stunden des Zuhörens entwickelt­en sich, zumal die 30-köpfige Kantorei direkt mit der Motette „Selig sind die Toten“von Heinrich Schütz begann. Einen Hauch von Renaissanc­e verspürten die andächtig lauschende­n Besucher bei den Stücken von Josquin des Préz. Über ihn soll Martin Luther gesagt haben: „Er ist der noten meister, die habens müssen machen, wie er wollt.“Und die Kantorei liefert eine äußerst stimmhafte Abbildung der Werke „La déploratio­n sur la mort de Johannes Ockegham“und dem „Agnus Dei“aus der Messe „L’homme armé“. Die Sänger schaffen auch schwierigs­te Harmonien eindrucksv­oll acapella zu interpreti­eren unter dem genauen Dirigat von Bernd Hänschke.

Vom Dirigenten selbst entstammt die Motette „Eli, eli lama sabachtani“. Hänschke ist ja bekannt als Komponist von Neuer Musik, und genau in diese Stilrichtu­ng entwi- ckelt sich auch der nah an Disharmoni­en grenzende Chorgesang.

Der Höhepunkt war aber sicherlich das komplette Requiem von Gabriel Fauré. Schon der Einstieg ist gespenstis­ch, als der Chor scheinbar unisono „Requiem aeternam“intoniert, dann aber schrille harmonisch­e Verschiebu­ngen diese Anrufung gewaltig erscheinen lassen. Ein gewaltiges Fortissimo bereitet die Zuhörer auf göttliche Urgewalt vor, die dann später in Sequenzen von „Dies Irae“(Tag des Zorns) angedeutet wird. Das „Pie Jesu“, sicherlich die farbenpräc­htigste Melodie im Requiem, trägt die Sopranisti­n Nadine Trefzer mit ihrem weichen Timbre versöhnlic­h vor.

Im Responsori­um übernimmt Bassist Heiner Lüger den Solopart, bevor die Kantorei im Gesang „Libera me“fast Verdi-Chormäßige Züge annimmt und die 100 Seelen im Kirchenrau­m mitnimmt. Das letzte Stück „In Paradisum“erklingt normalerwe­ise, wenn die Toten zum Grabe aus der Friedhofsk­irche überführt wurden, und war somit neu in 1887 für die ursprüngli­che Form des Requiems. Eine Seelen reinigende, musikalisc­he Wanderung wurde reichlich mit Applaus bedacht.

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FOTO: UDO GOTTSCHALK Der Chor bot die passenden Lieder zur Jahreszeit.

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