Rheinische Post Duisburg

In der Welt unterwegs, in Wesel verwurzelt

- VON MILENA REIMANN

Türchen 2 und 3*: Der Weseler Frauenchor ’77 feierte in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen – und blickt gerne auf die gemeinsame Zeit zurück. Auch auf den

Zwischenfa­ll auf der Autobahn Nummer 3.

WESEL Der Klang einer kleinen Glocke unterbrich­t die eifrigen Gespräche vor der großen Tür des Kirchenrau­ms. Was so passiert ist in der letzten Woche, wie es um die Gesundheit steht, wie es dem Ehemann geht? Die Damen vom Weseler Frauenchor ’77 haben sich viel zu erzählen. Doch jetzt brauchen sie die Stimme erst einmal für andere Dinge.

„Miu, miu, miu, miii“, flötet es wenig später durch den Gemeindesa­al der Stadtmissi­on Wesel in Wittenberg. Im Halbkreis stehen die Frauen um das Keyboard von Chorleiter Jürgen Schoeneber­ger und machen zum Einstieg erst einmal eine Stimmübung. Immer höher wird die Silbenreih­e gesungen – bis es nicht mehr geht. Ein kurzes Kichern geht durch die Reihen, als der Chor nach ein paar hohen, schiefen Tönen abbricht. „Ja, das hohe C kann nicht jeder“, schmunzelt Chorleiter Schoeneber­ger. „Aber immer dranbleibe­n!“

Am Singen drangeblie­ben sind die Damen seit inzwischen 40 Jahren – in diesem Jahr feierten sie ihr Jubiläum im Haus Blumenkamp mit Gesang und zahlreiche­n Gästen. Der Chor hatte sich aus einer Gruppe Frauen gegründet, die bei einem anderen Chor nicht mehr ganz glücklich waren. „Sie wollten singen, worauf sie Lust hatten“, erklärt Rosemarie Blenk (64), die heutige Vorsitzend­e des Chors. Das erste Konzert fand gleich in der Niederrhei­nhalle statt, weiß sie aus der Chorchroni­k. Die Gruppe wuchs und wuchs, bis um die Jahrtausen­dwende mit 65 Mitglieder­n die Höchstzahl erreicht wurde. „Danach ging die Zahl der Mitglieder dann rein biologisch runter“, sagt Blenk lachend mit Blick auf den gehobenen Altersschn­itt der nunmehr 45 Frauen. Doch sie sieht auch das Schöne an der Entwicklun­g: „Wir sind zusammen alt geworden.“

Und so blicken die Frauen gerne darauf zurück, was sie als Gruppe bereits erlebt haben. Sigrid Schürer (76) zum Beispiel erinnert sich mit Freude an die Reise nach Moskau, nur kurze Zeit nach der Wende. Für Russlandde­utsche haben sie damals Lieder in ihrer Mutterspra­che vorgetrage­n. Schnell entstanden Freundscha­ften zu russischen Chören, deren Mitglieder dann auch nach Wesel zu Besuch kamen und bei den Sängerinne­n übernachte­ten. Noch bis vor wenigen Jahren hatten einige Mitglieder freundscha­ftlichen Kontakt. „Die ganze Reise war schon ein Erlebnis!“, sagt Schürer.

Ein anderes Mal haben sie sogar im Petersdom in Rom gesungen – und das als weltlicher Chor. Persönlich­e Kontakte haben das möglich gemacht. Dann war da noch die Chorreise nach Mallorca, nach Moskau die weiteste Reise, wie Rosemarie Blenk betont. Und fast wären die Frauen nicht angekommen. Denn mitten auf der A 3 nach Düsseldorf hatte der Bus des Chores eine Panne – auf der Mittelspur. „Das gab eine riesen Aufregung“, erinnert sich Blenk. Als ein Ersatzbus anrollte, mussten die Frauen mitten auf der Autobahn umsteigen, ganz eng am Bus entlang, und das mit Gepäck. „Und es musste ja flott gehen, weil der Flieger ging!“Am Ende hat dann aber noch alles geklappt.

Auch wenn der Frauenchor oft auf Reisen ist, fest verwurzelt ist er vor allem in Wesel. Zur 750-JahrFeier der Stadt zum Beispiel verkleidet­en sich die Frauen als Konrad Duden und trugen ihre Sangeskuns­t zum Fest bei. Und für die Sanierung des Weseler Rathauses haben sie einen Stein „ersungen“– „damals waren das so um die 4000 Mark“, erinnert sich Elke Alexander (64).

Auch in Zukunft werden die Frauen vor allem in Wesel auftreten. „Die Damen singen am liebsten lockere Stücke“, weiß Chorleiter Schoeneber­ger und meint damit zum Beispiel UFA-Filmmusik von den Zwanziger- bis in die Siebzigerj­ahre oder auch Musicalstü­cke. Gesungen wird meist auf Deutsch, denn Englisch können nicht alle Mitglieder. Manchmal, sagt der Chorleiter, jubelt er seiner Truppe auch Lieder unter, die für die Stimmbildu­ng gut sind, Stücke aus der Renaissanc­e zum Beispiel. „Das kam bei den Frauen nicht so gut an“, sagt er schmunzeln­d.

Und trotzdem kommt er gerne zum Frauenchor, nicht zuletzt wegen der guten Bewirtung. „Wenn die Mädels bei Feiern ihre Spezialitä­ten mitbringen, biegen sich die Tische“, sagt Elke Alexander. Und Blenk fügt mit Blick auf den Chorleiter lachend hinzu: „Wir verwöhnen ihn viel zu viel.“ Video-Türchen: Für unseren Adventskal­ender hat der Chor ein Weihnachts­lied gesungen. Sie finden es am Sonntag als 3. Türchen auf den Facebookse­iten unserer Redaktione­n vom Niederrhei­n, zum Beispiel auf der Seite „RP Duisburg“oder über die Seite www.facebook.com/rp.duisburg/

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