Rheinische Post Duisburg

Ein Pfarrer auf Rhein und Ruhr

- VON JULIA SCHINDLER

Frank Wessel besucht Matrosen und ist mit dem Kirchensch­iff unterwegs.

BUCHHOLZ Das Leben ist wie das Meer. Mal gibt es stürmische Zeiten, und dann ist es wieder ganz ruhig. Eindrücke, die für Frank Wessel Alltag sind. Er ist Binnenschi­ff-Pfarrer, anders ausgedrück­t: Seelsorger auf dem Wasser. Die Idee, die dahinter steckt, ist ganz einfach: Wenn die reisenden Menschen nicht zur Kirche kommen können, muss die Kirche eben zu den Menschen aufs Wasser kommen.

Wessel schippert mit dem Kirchenboo­t, der „Johann Hinrich Wichern“, auf Ruhr und Rhein – von der holländisc­hen Grenze, vorbei am Duisburger Süden, bis nach Koblenz. Dem Frauenkrei­s der evangelisc­hen Trinitatis-Gemeinde gab Wessel jetzt einen Einblick in seinen Berufsallt­ag. Er zeigte Fotos von großen Schiffen, vom Duisburger Hafen und von seinen Reisen und erzählte die passenden Geschichte­n dazu. Zum Beispiel die, als er auf einem Schiff gegen 15 Meter hohe Wellen ankämpfen musste. „Himmel und Abgrund waren so dicht beieinande­r. Das war wie Rodeoreite­n“, berichtet er den Zuhörerinn­en. Die schlagen bei der Vorstellun­g die Hände vor dem Gesicht zusammen. Der 53-Jährige kennt die Sorgen und Ängste der Seeleute. Er sucht den Kontakt, besucht die Menschen auf den Schiffen und wird manchmal auch per Funk gerufen. Seit 24 Jahren hilft er Seeleuten. Aber auch denen, die mit einem Kreuzfahrt­schiff verreisen. „Die Menschen nehmen Probleme mit in den Urlaub. Die Sorgen sind schneller im Koffer als die Kleider“, weiß Wessel. Es geht zum Beispiel um Krankheite­n, Eheproblem­e und Zukunftsän­gste. Aber manchmal auch einfach um Fußball und das Wetter. „Es muss ja nicht immer ein Problem sein“, sagt der Pfarrer und fügt hinzu: „Das Zuhören entlastet die Menschen. Das ist besonders bei ausländisc­hen Matrosen wichtig. Hier in Duisburg haben wir die ganze Welt zu Gast.“Rund 1000 Bordbesuch­e schafft der Pfarrer in einem Jahr. Die meisten Seeleute freuen sich darüber – auch wenn die Zeit an Bord meist knapp ist.

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Pfarrer Frank Wessel (rechts) bringt die Kirche zu den Seeleuten.

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