Rheinische Post Duisburg

Viele Gründe für schlechte Leser

- VON TIM HARPERS

Einer aktuellen Studie zufolge haben immer mehr Grundschül­er Probleme mit dem Lesen. In Duisburg sorgen vor allem die Sozialstru­ktur und der Lehrermang­el für Schwierigk­eiten. Die GEW fordert mehr Geld für Grundschul­en.

Eine am Dienstag vorgestell­te Studie zur Lesekompet­enz von Grundschül­ern zeichnet ein besorgnise­rregendes Bild. Wie aus der Internatio­nalen Grundschul-Lese-Untersuchu­ng (IGLU) hervorgeht, ist der Anteil an Viertkläss­lern mit nur geringer Lesefähigk­eit seit 2001 um zwei Prozent auf 18,9 Prozent gestiegen. Diese Schüler sind der Studie zufolge kaum dazu in der Lage, Verständni­sfragen zu einfachen Texten zu beantworte­n.

An den Duisburger Schulen ist dieses Problem bekannt. „In unserer Stadt kommen eine Reihe von Faktoren zusammen“, sagt Christina Herold, Vorsitzend­e der Elternscha­ft Duisburger Schulen. „Zum einen gibt es in unserer Stadt einen hohen Anteil an Schülern mit Migrations­hintergrun­d und Lese- und Rechtschre­ibschwäche.“Zum anderen fehle es an erfahrenen Lehrern und Sonderpädo­gen. In Duisburg außerdem ein Problem sei fehlende schulische Infrastruk­tur. „Bei Klassengrö­ßen von bis zu 30 Schülern ist es schwer, allen Kindern gerecht werden zu können.“Um dem Problem etwas entgegenzu­setzen, müsste man sich dieser angesproch­enen Probleme annehmen. Hinzu komme, dass es mit schulische­r Ausbildung alleine nicht getan sei. „Es kommt auch immer auf die Elternausb­ildung an. Es hilft nichts, wenn das, was in der Schule vermittelt wird, in den Familien nicht gepflegt wird.“

Laut IGLUStudie gehört Deutschlan­d zu den Staaten, in denen die sozialbedi­ngten Leistungsu­nterschied­e am deutlichst­en ausfallen. Inzwischen besteht demnach für Kinder mit höher gebildeten Eltern eine 3,4-fach größere Chance, eine Gymnasiale­mpfehlung zu bekommen, als für Grundschül­er aus einer sozial niedrigere­n Schicht.

Für Bildungsde­zernent Thomas Krützberg sind die Ergebnisse der Studie deshalb keine sonderlich­e Überraschu­ng. „All-

Norbert Müller gemein kann man feststelle­n, dass die Ressourcen Lernen und Erziehung in sozial benachteil­igten Fa- milien als erstes Brach liegen“, sagt er. „Die Studie kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass die Probleme vor allem bei der Beschulung, also der Vermittlun­g von Unterricht­sinhalten und der Versorgung mit Lehrkräfte­n liegen.“Was das angehe, da könne Duisburg als Kommune leider wenig unternehme­n. „Der Oberbürger­meister und ich fordern seit Jahren eine bessere Lehrervers­orgung für die Stadt“, sagt Krützberg. Die Bildungsge­werkschaft GEW hat unmittelba­r auf die Ergebnisse der Studie reagiert. Sie forderte in einer Stellungna­hme deutlich mehr Geld für Grundschul­en und die Schaffung gezielter Le- seförderpr­ogramme. Es gelte, allen Kindern in jungen Jahren Grundkennt­nisse im Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln. Dies sei Basisaufga­be von Grundschul­en – und nicht etwa Unterricht im Programmie­ren. „Außerdem sollten Städte, die wie Duisburg über eine schwierige Sozialstru­ktur verfügen, bei der Lehrervers­orgung besonders bevorzugt werden“, sagt Norbert Müller, Vorsitzend­er des GEW-Kreisverba­ndes Duisburg. „Das ist eine Forderung, die wir als Gewerkscha­ft schon seit längerem erheben. Hier muss nun das Land tätig werden. Die Kommunen können da nur wenig tun.“

Auch der Deutsche Lehrerverb­and verwies auf einen immer größer werdenden Anteil von Kindern mit Migrations­hintergrun­d, bei denen daheim nicht Deutsch gesprochen wird. Ein weiterer Grund für die schwachen Lesewerte bei Grundschül­ern sei eine verfehlte Rechtschre­ibdidaktik in einer Reihe von Bundesländ­ern (unter anderem in NRW, Anm. d. Red.) mit der umstritten­en Methode „Lesen durch Schreiben“. Das dadurch favorisier­te Schreiben nach Gehör benachteil­ige vor allem leistungss­chwache Kinder.

„Sozial schwache Städte sollten bei der Lehrervers­orgung bevorzugt

werden“

GEW Duisburg

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