Technikumsbau in Rekordzeit
Im April sollen Gebäude und Anlagen für ein Stahl-Zukunftsprojekt von ThyssenKrupp in Betrieb gehen. Ziel ist die Gewinnung von Rohstoffen aus Hüttengasen.
Zu Füßen des Alsumer Berges wird an der Zukunft der Stahlindustrie gebaut, mit höchstem Tempo und mit ganz viel Geld. Im Juni wurde mit dem Bau eines „Technikums“begonnen und im April soll der Neubau samt Hightech-Ausstattung fertig sein zur Einweihung. „Carbon2Chem“ist das Projekt überschrieben. Ziel ist die Entwicklung von technischen Möglichkeiten, aus Hüttengasen marktfähige chemische Produkte herzustellen und zugleich noch in erheblichem Maße zum Klimaschutz beizutragen.
Es geht um Gase in gewaltigen Mengen: Hochöfen, Stahlwerke und Kokerei liefern davon zwei Millionen Kubikmeter – pro Stunde wohlgemerkt. Genug, um den Oberhausener Gasometer 150 Mal zu füllen – ebenfalls pro Stunde. Was an Koksgas, Hochofengas und Konvertergas anfällt, wird auch jetzt schon genutzt zur Energieerzeugung im Kraftwerk. Gelingt es, entsprechende Verfahren zu entwickeln, sollen in Zukunft bis zu 60 Prozent der Gase genutzt werden, um Stoffe wie Methanol, Ammoniak, Harnstein, Alkohole und Polymere zu erzeugen, die dann für die Produktion von Kraftstoffen, Düngemitteln oder Kunststoffen genutzt werden könnten. Eine Folge: weniger CO2Ausstoß.
Wo im Frühjahr noch im Zelt Richtfest gefeiert wurde, im Winkel von Matena- und Alsumer Straße zwischen Thyssen-Krupp-Gelände und Rhein, ist ein Komplex aus technischen Anlagen, Labor- und Bürogebäuden und Hallen entstanden. Unmittelbar darüber verlaufen die riesigen Rohrverbindungen zum Transport der Hüttengase, die für die künftige Forschungstätigkeit angezapft werden. „Diese Anlage ist einzigartig – vor allem in dieser Größe“, sagt Dr. Wiebke Lüke, Projektmanagerin für „Carbon2Chem“bei Thyssen-Krupp. 18 Millionen Euro investiert der Konzern in den Bau, weitere 18 Millionen in die technische Ausstattung. 60 Millionen sollen in den nächsten Jahren insge- samt ins Forschungsvorhaben von Thyssen-Krupp und 17 Partnern fließen und weitere 60 Millionen als Förderung vom Bund.
Schon fast fertig ist eine große Halle, darin eine Anlage zur Erzeugung von Wasserstoff, die vor allem genutzt werden soll, wenn Strom in großen Mengen und zu kleinen Preisen im Netz verfügbar ist. Der Wasserstoff wiederum wird gebraucht bei den unterschiedlichen Möglichkeiten, die Stoffe im Hüttengas zu nutzen.
Imposant zu sehen ist auch die zwölf Meter hohe Gasreinigung mit einem Gewirr aus Rohren vor dem Hintergrund eines dampfenden Kühlturms. Über das Rohbaustadium hinaus fertiggestellt ist auch schon das Labor- und Bürogebäude, in dem Mitarbeiter von ThyssenKrupp und den Partnern aus Wissenschaft und Industrie künftig forschen werden. Rund um die Uhr besetzt sein wird die Leitwarte, die auch schon weitgehend fertiggestellt ist.