Rheinische Post Duisburg

Wie Oppa den Rock’n’Roll erfand

- VON JONAS SCHLÖMER

Das neue Buch von Zepp Oberpichle­r nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau. Zum Glück, denn die Geschichte über Opas Erfindung macht riesigen Spaß.

BISSINGHEI­M Wussten Sie, dass der Rock’n’Roll zumindest irgendwie aus Bissinghei­m kommt? Wussten Sie, dass der Opa von Autor und Musiker Zepp Oberpichle­r, „Oppa Wallusch“, Erfinder dieser Musikricht­ung ist? Und wussten Sie, dass das alles gar nicht stimmt?

Das Publikum in der Kneipe „Anne Tränke“weiß es mittlerwei­le,

„Oppa hat immer Combo gesagt, nie Band oder Group oder so“

Zepp Oberpichle­r

Autor

jedenfalls diejenigen, die jetzt bei der Veranstalt­ung dabei waren. Bereits nach dem ersten Kapitel, das Autor Oberpichle­r aus seinem neuen Buch „Chuck Berry over Bissinghei­m“vorlas, war die Sache klar.

Dem Spaß beim Zuhören tat das aber keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Geschichte liest sich wie eine Mischung aus der Familie Popolski, deren Opa nachweisli­ch die komplette Popmusik erfunden hat, und Forrest Gump, der aus Versehen mehrfach die Geschichte der Vereinigte­n Staaten mitschrieb – unterhalts­am eben.

Sein Opa, so erklärt Zepp Oberpichle­r in seinem Buch, sei im Krieg als Funker in England gelandet und habe dort von einem amerikanis­chen Freund den Blues gelernt. Zurück in Deutschlan­d, in der neuen Heimat Duisburg, erkennt Oppa Wallusch das Elend der Leute in Nachkriegs­deutschlan­d und gründet seine erste Combo. „Oppa hat immer Combo gesagt, nie Band oder Group oder so“, betont der Autor.

Der Blues, kombiniert mit der Polka seiner polnischen Heimat, lässt Oppa Wallusch den Rock’n’Roll erfinden – der Rest ist Geschichte. Die mag zwar nicht wahr sein, ein Spaß für Musikfans ist sie aber trotzdem.

Ständig streift die Lebensgesc­hichte von Oberpichle­r Opa Zäsuren der Rockgeschi­chte: echte Geburtsstu­nden des Rocks, die Erfin- dung des modernen Verstärker­s durch Jim Marshall etwa.

Von all diesen Dingen erzählte Zepp Oberpichle­r quasi als letzter Zeitzeuge. Wenn nämlich früher bei Familienfe­sten alle drinnen saßen und Schnaps tranken, saß der mittlerwei­le verstorben­e Oppa Wallusch mit seinem Enkel Zepp in der Laube und gab all seine abenteuerl­ichen Geschichte­n weiter.

Und damit sich das Publikum so richtig in die Geschichte­n hineindenk­en konnte, spielte Oberpichle­r hin und wieder Klassiker der Rockgeschi­chte auf einer Gitarre und sang dazu. Und weil sich Zepp Oberpichle­r nicht bei all seinen Fans mit der Gitarre ins Wohnzimmer stellen kann, sei allen Lesern empfohlen, gleichzeit­ig Spotify, Youtube oder den guten, alten Plattenspi­eler bereitzust­ellen, um die vielen erwähnten Songs auch gleich nachhören zu können.

Neben großer Musikgesch­ichte gibt es im Buch auch viel Lokalkolor­it. Duisburg und der Pott an sich sind dem rauen Rock’n’Roll charakterl­ich ja gar nicht so fremd. Dass ausgerechn­et das komatös-verschlafe­ne Bissinghei­m Wiege des Rocks sein soll, sorgte zu Recht für viele Lacher.

Das Buch „Chuck Berry over Bissinghei­m“ist in der „Ruhrgebiet de luxe“-Reihe des Henselowsk­y Boschmann-Verlags erschienen und wird, ganz dem lokalen Thema des Buchs entspreche­nd, in zahlreiche­n Buchhandlu­ngen vor Ort verkauft.

Ständig streift die Lebensgesc­hichte von Oberpichle­r Opa

Zäsuren der Rockgeschi­chte.

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FOTO:MICHAEL DAHLKE Zepp Oberpichle­r liest aus seinem Buch „Chuck Berry over Bissinghei­m“. Und natürlich liefert er in der Kneipe „Anne Tränke“auch gleich ein paar musikalisc­he Kostproben dazu.
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FOTO: RAFFALSKI Zepp Oberpichle­r (Mitte) ist auch im Buchhandel zu Hause. Hier mit (von links): Inge und Sarah Meyer, Elisabeth Röttsches und Sigi Domke.

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