Rheinische Post Duisburg

Vom Geist der Weihnacht

- VON STEPHAN SADOWSKI

In der St. Peter Kirche gab es ein Winterkonz­ert, das mehr war als Musik auf hohem Niveau. Motto: „ Jeder Mensch braucht ein Zuhause – jedes Kind ist eine Hoffnung“.

RHEINHAUSE­N In lila und blau ausgeleuch­tet erschien die St. PeterKirch­e in Rheinhause­n richtig modern und sog diese in Farbe getauchte Abendstimm­ung für ein ungewöhnli­ches Winterkonz­ert auf. Pastor Johannes Mehring genoss diesen Anblick sichtlich. Die Musiklehre­rin Annegret Keller-Steegmann hatte verschiede­ne kulturelle Musikgrupp­en zusammenge­führt, um unter dem Motto „Jeder Mensch braucht ein Zuhause – jedes Kind ist eine Hoffnung“mit Musik, Poesie und Visuals ein andächtige­s Miteinande­r zu schaffen – im Geist der Weihnacht. Und das gelang diesem Multi-Kulti-Projekt eindrucksv­oll.

Doch anfangs wies Annegret Keller-Steegmann auf die anstehende Ausweisung von 30 Afghanen, die momentan in Rheinhause­n leben, in ihr gefährdete­s Heimatland hin. „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass diese Menschen hierbleibe­n dürfen“, sagte sie. In einer Nachtaktio­n wurden Flyer gegen die Ausreise gedruckt und viele der von Ausreise bedrohten Menschen brachten ihre Anliegen im Konzert vor. Einer sagte: „Ich war Lehrer in Kabul, aber die Taliban wollten nicht, dass ich Kinder unterricht­e – sie wollten mich töten.“Umso nachdrückl­icher wirkten diese Worte in einem musi- kalischen Beitrag, als die Musiker unterstütz­t von einer Timeline auf der Leinwand, den 150 Zuschauern suggeriert­en, dass unter all den Terroransc­hlägen weltweit immer wieder Afghanista­n, speziell Kabul, betroffen ist.

Und es gab Musik auf hohem Niveau. Das Junge Ensemble Ruhr & Allerwelt-Ensemble Duisburg spiel- te viele fernöstlic­he Stücke, so manche Liebeslied­er, aber auch viele Klagegesän­ge. Begleitet wurde es von einem guten Oud-Spieler sowie Saxofonist­en.

Als man einen jungen Mann dazu auf der Leinwand sah, wie er durch die Straßen einer zerstörten Stadt streifte, war Betroffenh­eit im Publikum spürbar, genauso als Kampf- szenen aus Aleppo über die Leinwand zischten.

Dem gegenüber stand Völkervers­tändigung. „Wir haben mit verschiede­nen Gastmusike­rn der anderen Gruppen Lieder in verschiede­nen Sprachen gespielt, das ist eben multi-kulti bei uns“, sagte Gitarrist Servett Isik vom Jungen Ensemble Ruhr. Der afrikanisc­he Gos- pelchor Radical Praise begeistert­e acappella mit einem stimmgewal­tigen „Kumbaya my Lord“und als eine junge Solistin aus dem Stattchor Duisburg Schuberts „Frühlingst­raum“aus der Winterreis­e nur mit E-Piano-Begleitung sang, gab es sogar Jubelrufe. Die chilenisch­e Formation Rodrigo Tobar y banda nahm die Zuhörer mit treibenden Klängen und impulsiven Rhythmen zum Weihnachts­fest in einen Hirtenstal­l der Anden mit – mit einem unbeschwer­ten Gitarrenso­und und Panflötene­inlagen. Weiterhin schmettert­e der Stattchor gewaltige Songs im Zusammensp­iel mit dem Jungen Ensemble Ruhr wie „Freiheit, Gleichheit, Brüderlich­keit“. „Wir haben nur fünf Wochen für den Auftritt proben können“, sagte Anna-Maria Leitner aus dem Projektcho­r. Musik gab es auch noch vom Ensemble Romanes Rheinhause­n und Grùpa Pel aus Kurdistan.

Beeindruck­end waren aber auch die kleinen Videos, die vom Medienbunk­er Duisburg beigesteue­rt wurden, sie zeigten nicht nur den Krieg, sondern auch das alltäglich­e Leben der Menschen. Eine Herzensang­elegenheit hatte Annegret Keller-Steegmann: „120 Kinder der Flüchtling­e in Rheinhause­n haben kein Weihnachts­geschenk zu erwarten.“Spenden werden gerne entgegenge­nommen.

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FOTO: JÖRG SCHIMMEL Im Vordergrun­d Musiker aus aller Welt, im Hintergrun­d die Videoleinw­and.

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