Rheinische Post Duisburg

Der Drängler aus Franken

- VON HEINRICH OBERREUTER

Markus Söder soll bayerische­r Ministerpr­äsident werden und Horst Seehofer beerben. Diesem Ziel hat er alles untergeord­net. Sein Machtstreb­en zu kritisiere­n, wäre trotzdem ungerecht – so funktionie­rt Politik. Durch seine Methoden allerdings hat er die CSU gespalten.

Schon als Kind blickte er Franz Josef Strauß in die Augen: täglich beim Aufwachen, da der Bayernherr­scher als überlebens­großes Poster über seinem Bett hing. Markus Söder erzählt es unbefangen, weil er ganz zu Recht nicht den geringsten Grund sieht, sein frühzeitig­es politische­s Interesse zu verbergen. Partizipie­ren wollte er auch und konsequent: seit dem sechzehnte­n Lebensjahr CSU-Mitglied, dann Vorsitzend­er der Jungen Union, mit 40 Minister, kurz für Bundes- und Europaange­legenheite­n, dann für Umwelt zur Zeit der Fukushima-Krise, für Finanzen, Landesentw­icklung und Heimat in Zeiten des Booms.

Für Europa hat er sich nicht wirklich interessie­rt. Fukushima wendete nicht nur die Energiepol­itik, sondern auch ihn, wohl weniger aus Überzeugun­g als aus Sensibilit­ät für Stimmungen im Land. Im Boom wuchs dem Finanzmini­ster die Chance zu, Wohltaten über das Land zu streuen. Einerseits entstanden daraus Loyalitäte­n, förderlich für weitere Karrieresc­hritte. Anderseits stellte sich die Herausford­erung nicht, ein Zukunftsko­nzept zu entwickeln, dessen Notwendigk­eit jedoch der brillante Situations­politiker im Amt des Ministerpr­äsidenten, Horst Seehofer, ohnehin kaum eingesehen hätte.

Das Vorbild Strauß hätte wahrschein­lich anders agiert – aber auch unter anderen Umständen. Mit Klugheit und Dynamik nach oben zu kommen, ist in Gründerzei­ten einfacher, als wenn die Claims schon abgesteckt sind. Gleichwohl ging Strauß Konrad Adenauer damals ebenso auf den Keks wie Söder jetzt

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