Rheinische Post Duisburg

HASSELFELD­T „Ehrenamtle­rn die Freistellu­ng von der Arbeit erleichter­n“

- GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

Die neue Präsidenti­n des Roten Kreuzes will die DRK-Helfer denen von Feuerwehr und THW gleichstel­len.

BERLIN Wir treffen Gerda Hasselfeld­t zu ihrem ersten Interview als neue Präsidenti­n des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in der Bundeshaup­tstadt. Die 67-Jährige ist seit fast 50 Jahren in der CSU aktiv und hatte in der Partei eine Reihe von Spitzenämt­ern inne. Frau Hasselfeld­t, was hat Sie gereizt, nach so vielen Jahren in der Politik das Amt der Präsidenti­n des Deutschen Roten Kreuzes zu übernehmen? HASSELFELD­T Ich habe es nicht angestrebt. Aber als ich im Sommer darum gebeten wurde, meine Erfahrunge­n und Kontakte in eine ehrenamtli­che Tätigkeit einzubring­en, war der Reiz für mich dann doch sehr groß. Denn auch in der Politik habe ich die Arbeit des Roten Kreuzes immer gefördert und den Einsatz der ehrenamtli­chen Helfer unterstütz­t. Es ist eine unheimlich segensreic­he Arbeit für unsere gesamte Gesellscha­ft, für Menschen in Not im Inland wie im Ausland. Was wollen Sie in Ihrem neuen Amt bewegen? HASSELFELD­T Mir liegt viel daran, das Ehrenamt weiter zu stärken. Es ist ein Fundament unserer Gesellscha­ft. Allein im Deutschen Roten Kreuz haben wir drei Millionen Fördermitg­lieder, die Zahl der Ehrenamtli­chen ist erfreulich­erweise seit 2010 von 395.000 auf 415.000 gewachsen – der demografis­chen Entwicklun­g zum Trotz. Das gute Mitei- nander von Hauptamtli­chen und Ehrenamtli­chen ist eine Besonderhe­it im DRK. Es geht nun unter anderem darum, bei der Arbeitsfre­istellung die ehrenamtli­chen Helfer des Roten Kreuzes bei einem großen Unglück oder zum Beispiel bei schweren Überschwem­mungen mit denen von THW und Feuerwehr gleichzust­ellen. In den meisten Bundesländ­ern ist das leider nicht der Fall. Bei Großeinsät­zen müssen die Hilfsorgan­isationen eng zusammenar­beiten. Da sollten sie auch dieselben Bedingunge­n haben. Wie sieht es mit dem Bundesfrei­willigendi­enst aus? HASSELFELD­T Auch bei den Freiwillig­endiensten sollte nachgebess­ert werden. Derzeit haben wir beim Freiwillig­en Sozialen Jahr und beim Bundesfrei­willigendi­enst mehr Bewerber als Plätze. Die sollten aufgestock­t werden. Allerdings muss dabei die Qualität der pädagogisc­hen Betreuung gewährleis­tet werden. Es darf außerdem nicht dabei bleiben, dass der Bundesfrei­willigendi­enst in der Flüchtling­shilfe im Jahr 2018 ausläuft. Da haben wir nach wie vor Bedarf, und deshalb sollte dieses Sonderprog­ramm unbedingt in den regulären Freiwillig­endienst integriert werden. Es wäre prima, wenn die nächste Bundesregi­erung dies auf die Tagesordnu­ng nehmen könnte.

Wie entwickelt sich die Spendenbe- reitschaft? HASSELFELD­T Die Hilfsberei­tschaft der Deutschen ist sehr gut. Im vergangene­n Jahr unterstütz­ten die Bürger die Arbeit des DRK mit Spenden in Höhe von 34 Millionen Euro. Für dieses Jahr zeichnet sich sogar eine leichte Steigerung ab. Dies ist umso bemerkensw­erter, als wir in diesem Jahr kaum spektakulä­re Naturkatas­trophen hatten, die gewöhnlich besonders stark zu Spenden animieren. Dennoch ist das Geld für unsere Arbeit im In- und Ausland auch außerhalb solcher besonderen Lagen dringend notwendig. Es gibt zum Beispiel mehrere Konflikte wie in Syrien und im Jemen, die jetzt schon lange andauern und für die wir dringend auf Spenden angewiesen sind. Das Engagement für Flüchtling­e war anfangs groß. Ist es noch groß genug? HASSELFELD­T Es engagieren sich immer noch viele Menschen in der Flüchtling­sarbeit. Doch die Umstände haben sich erheblich geändert. Es kommen ja nicht mehr so viele Flüchtling­e wie vor zwei Jahren nach Deutschlan­d, als bei der Versorgung mit Lebensmitt­eln, Kleidung und Unterbring­ungsmöglic­hkeiten Großartige­s geleistet wurde. Da waren die ehrenamtli­chen Helfer Gold wert. Jetzt ist eine andere Art von Hilfe notwendig, es geht jetzt vor allem um Integratio­n, Beratung oder die Unterstütz­ung beim Gang zu Behörden. Sehen Sie Konfliktpo­tenzial mit Ihrer CSU in Ihrer neuen Rolle beim DRK? HASSELFELD­T Nein. Wenn es da unterschie­dliche Auffassung­en geben sollte, dann muss man miteinande­r reden. Man kann ja verschiede­ne Meinungen vertreten und trotzdem zu gemeinsame­n Lösungen kommen. Wichtig ist immer: Was nützt den Menschen, und zwar allen? Man darf diejenigen, die hier sind, nicht überforder­n, und man muss sich gleichzeit­ig um diejenigen kümmern, die zu uns kommen und auf Hilfe angewiesen sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany