Rheinische Post Duisburg

Flughafen: Neues Kontrollsy­stem vor dem Aus

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Das Prestigepr­ojekt „Easy Security“am Kölner Airport wird vorläufig nicht fortgesetz­t. Dabei sollte es bundesweit eingeführt werden.

KÖLN Es ist kaum ein Jahr her, dass Günter Krings, CDU-Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um, wegen „Easy Security“ins Schwärmen geriet. So etwas wie dieses völlig neue Konzept der Sicherheit­skontrolle­n am Flughafen Köln/Bonn habe er weltweit noch nie gesehen, sagte Krings im November 2016 beim Startschus­s des Pilotproje­kts. Der damalige Flughafenc­hef Micha-

Ernst Walter el Garvens sprach von einem Quantenspr­ung. Nach der erfolgreic­hen Erprobung sollte das System an möglichst vielen deutschen Flughäfen zum Einsatz kommen. Ein prestigetr­ächtiges Millionenp­rojekt.

Ein Jahr später ist von der damaligen Euphorie nicht mehr viel übrig geblieben. Stattdesse­n herrscht bei den Verantwort­lichen nun Katerstimm­ung. Nach Informatio­nen unserer Redaktion wird das Kontrollsy­stem auf unbestimmt­e Zeit auf Eis gelegt. Und das trotz erfolgreic­her Testphase. Von einer Ausweitung des Projekts ist keine Rede mehr. Stattdesse­n heißt es, dass nun erst einmal geprüft werden müsse, ob und wie die Kontrollst­recke überhaupt in den Regelbetri­eb überführt werden kann – sowohl organisato­risch als auch technisch, sagt Matthias von Randow, Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL). „Das wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, erklärte von Randow.

„Easy Security“soll die Abfertigun­g von Passagiere­n erleichter­n. Dabei werden die Fluggäste nicht streng hintereina­nder abgefertig­t, sondern sie durchlaufe­n eine Sicherheit­sschleife, in der zum Beispiel Vielfliege­r Passagiere, die mehr Unterstütz­ung bei den Kontrollen benötigen, überholen können. Seit dem 1. November ist die Anlage schon nicht mehr in Betrieb. „Es ist eine echte Schande, dass die wirklich zukunftswe­isende Kontrollst­elle nun ungenutzt brachliegt“, kritisiert­e Ernst Walter, Chef der Bundespoli­zeigewerks­chaft (DPolG). „Und das nur, weil sich das Bundesinne­nministeri­um und die verschiede­nen Soft- und Hardwarefi­rmen nicht auf eine vernünftig­e Weiternutz­ung einigen können.“

Hintergrun­d des Scheiterns des Projektes sollen nämlich vor allem vergabe- und vertragsre­chtliche Probleme mit einem Hersteller sein. So habe eine Firma mit dem Bundesbesc­haffungsam­t angeblich einen Exklusivve­rtrag abgeschlos­sen, in dem geregelt sei, dass nur diese Firma Technik im Sicherheit­sbereich des Airports Köln/Bonn stellen darf. Die Technik für „Easy Security“, so ein Insider, stamme aber von einem anderen Unternehme­n. „Hätte man vor der Testphase genau in die Verträge geschaut, hätte das eigentlich auffallen müssen, und man hätte sich den ganzen Aufwand sparen können.“

Auch sei die Lizenz für die Verwendung der Software für die Übertragun­g der Röntgenbil­der der Gepäckstüc­ke nur für ein Jahr eingekauft worden – und der Softwarehe­rsteller habe sich nun geweigert, diese zu verlängern. „Das ist eine ziemliche Blamage für das Bundesinne­nministeri­um, das den entspreche­nden Rahmenvert­rag abgeschlos­sen hat“, so eine weitere mit den Vorgängen vertraute Person. „Ich gehe stark davon aus, dass sich das Thema ,Easy Security’ in der jetzigen Form für immer erledigt hat.“

Beim Bundesinne­nministeri­um in Berlin hält man sich bedeckt. Auf die Frage, ob das Projekt nun eingestamp­ft werde, antwortete eine Sprecherin lediglich: „Die Ergebnisse von ,Easy Security’ werden nach und nach weiter im täglichen Einsatzber­eich erlebbar werden.“Wie und in welcher Form, ließ sie offen. „Während der Erprobungs­phase wurden diverse Herausford­erungen gemeistert“, sagte sie.

An „Easy Security“sind neben dem Bundesinne­nministeri­um auch Bundespoli­zei, Lufthansa, Sicherheit­sdienstlei­ster Kötter und der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL) beteiligt. Und auch der Airport Köln/ Bonn hat in das Prestigepr­ojekt, für das sich insbesonde­re Garvens stark gemacht hatte, Geld investiert. „Jetzt steht fest: Es wurden mindestens anderthalb Millionen Euro verbrannt – und das allein für die Geräte, die jetzt nur noch rumstehen“, so ein Branchenke­nner.

Unserer Redaktion liegen schon die wichtigste­n Erkenntnis­se aus der Analyse der Testphase vor. Demnach wird „Easy Security“von allen Beteiligte­n als Erfolg eingestuft. Die Fluggastko­ntrolle sei durch das System schneller, übersichtl­icher und kundenfreu­ndlicher geworden, was auch eine Befragung der Passagiere ergeben hätte.

Verdi macht hingegen die Technik für das vorläufige Aus des Kontrollsy­stems verantwort­lich. „Es gab in der Testphase zwei Terminalrä­umungen, weil massive Probleme mit der Technik von ,Easy Security’ auftraten. Das war kein menschlich­es Versagen“, sagte Gewerkscha­ftssekretä­r Özay Tarim.

„Es ist eine echte Schande, dass das System nun brachliegt“

Chef der Bundespoli­zeigewerks­chaft

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