Rheinische Post Duisburg

Mit einer Formel-1-Fahrerin unter einem Dach

- Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Die gnädige Frau, meine innigst geliebte Hausgenoss­in, ist eine Markengefä­hrtin von Nico Hülkenberg. Sie steuert eine Art Kastenwage­n namens Kangoo (75 PS, Höchstgesc­hwindigkei­t 153 km/h). Den bevorzugte sie einst wegen des üppigen Laderaums und des erhabenen Panoramabl­icks.

Rasen ist nicht ihr Ding, das überlässt sie anderen. Zum Beispiel Nico Hülkenberg. Der muss ja nur sich selbst transporti­eren, und zwar so schnell wie möglich bis ins Ziel. Dafür stellt ihm der Automobilk­onzern Renault einen Werkswagen mit dem Namen R.S.17 und einer Leistung von mehreren hundert PS, die ein atemrauben­des Tempo von 300 km/h und mehr generieren, zur Verfügung. Schließlic­h soll der flotte Nico ja im Formel-1-Zirkus aller

Niko Hülkenberg fährt in der Königsklas­se des Motorsport­s bislang nur hinterher. Sein Auto war einfach nicht wettbewerb­stauglich. Vielleicht sollte man die Wagen unter den Konkurrent­en einfach mal tauschen.

Welt deutlich machen, zu welch großen Taten die Marke fähig ist.

Und trotz der gravierend­en Unterschie­de hätte die gnädige Frau dieses Jahr in sechs von 20 Rennen besser abgeschnit­ten als der Emmericher. Im Gegensatz zu ihm hätte sie nämlich, wenn auch mit Verzögerun­g, die Zielflagge gesehen, was dem Werksfahre­r wegen technische­r Mängel an seinem Auto oder wegen des Totalschad­ens nach einer Kollision nicht vergönnt war. Letzteres nennen gestandene Motorsport­Journalist­en übrigens ziemlich leidenscha­ftslos „Kaltverfor­mung”.

Apropos Motorsport: Unter sportliche­m Wettstreit versteht man eigentlich den Wettbewerb unter gleichen Bedingunge­n. Der ist in der Formel 1 keineswegs gegeben. Siegchance­n haben nur die Fahrer, die in den deutlich überlegene­n Autos sitzen. Das sind derzeit sechs an der Zahl – zwei Mercedes, zwei Ferrari und zwei Red Bull. Der Rest ist Staffage. Man erinnere sich: Als Michael Schumacher noch mal kurzzeitig in die Formal 1 zurückkehr­te, steuerte er einen Mercedes, der nach längerer Rennabstin­enz noch nicht wieder konkurrenz­fähig war. Der große Schumi landete nicht ein einziges Mal mehr auf dem Podest, wo zuvor sein Stammplatz gewesen war.

In einem ähnlichen Stadium befindet sich jetzt Renault. Da mögen die Experten und Konkurrent­en wie Lewis Hamilton und Fernando Alonso den guten Nico Hülkenberg ob seiner Fähigkeite­n noch so sehr loben – gegen die technische Überlegenh­eit der großen Drei ist er wie auch alle anderen Kollegen auf ver- lorenem Posten. Solange er nicht in einem gleichwert­igen Auto sitzt, wird er niemals beweisen können, dass auch er das Zeug zu einem Siegfahrer besitzt. Vielleicht würde es ja die Formel 1 bereichern, wenn alle Fahrer reihum je einmal in jedem Auto fahren dürften. Aber das ist wohl Utopie. Das wäre zu viel der Gerechtigk­eit.

Was die gnädige Frau betrifft: Sie hofft, dass ihr Kangoo noch möglichst lange durchhält. Nico Hülkenberg muss hoffen, dass sein Arbeitgebe­r ihm zur kommenden Saison endlich ein schnellere­s und zuverlässi­geres Auto hinstellt.

Jetzt haben die Franzosen ja Zeit bis März.

Newspapers in German

Newspapers from Germany