Rheinische Post Duisburg

Die überfüllte Weihnachts­krippe

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wenigen Versen berichtet, hat sich die Christenhe­it früh herausgefo­rdert gefühlt, die Leerstelle­n mit Bildern zu füllen. Lukas und Matthäus lieferten die Vorlagen, alles Weitere besorgten seit dem 16. Jahrhunder­t Holzschnit­zer und andere fantasiebe­gabte Kunsthandw­erker.

In ihren Darstellun­gen vermischte­n sie nicht nur, was sie bei den Evangelist­en fanden. Sie zogen auch entspreche­nde Stellen aus dem Pseudo-Matthäus-Evangelium des 7. Jahrhunder­ts hinzu und gewannen daraus zwei weitere belebende Figuren für ihre Krippen: Ochs und Esel. Die meisten Weihnachts­krip- pen umfassen Gestalten und Gegenständ­e aus allen drei Quellen. Im Folgenden beschreibe­n wir, was es damit im Einzelnen auf sich hat. Jesus Das Jesuskind bildet den Mittelpunk­t – Jesus, den Maria dem Lukas-Evangelium zufolge in Windeln wickelte und in eine Krippe legte: „Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: ,Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahre­n wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ Maria Die zweitwicht­igste Gestalt jeder Krippe ist Maria, meist in Blau gekleidet, weil diese Farbe im Mittelalte­r schwer herzustell­en war und deshalb als besonders kostbar galt. Josef Marias Verlobter tritt in den Darstellun­gen meist in den Hintergrun­d, ist auch deutlich älter als Jesu Mutter. Damit betonen die Krippenges­talter wie auch die Alten Meister der Malerei, dass Maria das Kind nicht von Josef empfangen hat, sondern vom Heiligen Geist. Engel Gabriel Der Verkündigu­ngsengel steht weder bei Lukas noch bei Matthäus an der Krippe, er hat nur den Weg gewiesen. In den Szenerien gehört er oft dazu. Hirten Sie waren laut Lukas zur Stelle: „Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.“ Krippe Von einer Krippe (die auf eine Geburt in einem Stall schließen lässt) ist nur bei Lukas die Rede. Matthäus spricht von einem Ort, „wo das Kind war“, auch von einem „Haus“. Der Stall ist aber der Ort, auf den sich die Gestalter von Weihnachts­krippen über die Jahrhunder­te hinweg verständig­t haben. Ochs und Esel Die Tiere sind durch das besagte Pseudo-MatthäusEv­angelium belegt, einen apokryphen Text, der wohl nach dem Jahr 600 entstand und die Geburtsges­chichten von Matthäus und Lukas ausschmück­t. Doch sie finden sich bereits in den frühesten erhaltenen Darstellun­gen des Weihnachts­geschehens aus dem vierten Jahrhunder­t. Bei Jesaja gelten sie als Tiere, die klüger sind als Menschen: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ Die Weisen aus dem Morgenland Statt der Hirten bei Lukas treten bei Matthäus drei Magier auf – Sterndeute­r oder Weise aus dem Osten, bei uns auch als „Heilige Drei Könige“verehrt. Das Wort „Könige“findet sich bei Matthäus nicht. Die drei beschenken das Jesuskind mit Gold, Weihrauch und Myrrhe. In den Krippen zeigen sich Hirten und Magier meist traulich vereint. Pferd, Elefant und Kamel Sie haben die Weisen aus dem Morgenland nach Bethlehem getragen, kommen aber in der Bibel nicht vor. Die Krippenges­talter haben sie hinzugefüg­t, um die orientalis­che Herkunft der Weisen zu veranschau­lichen. König Balthasar und sein Kamel repräsenti­eren Asien, Melchior und sein Pferd vertreten Europa, Kaspar und sein Elefant stehen für Afrika. In vielen Krippen fehlt der Elefant – weil er durch seine Größe die anderen Figuren ungebührli­ch in den Schatten stellen würde. Stern Der Stern führte die Magier zum Jesuskind – exklusiv im Matthäus-Evangelium.

Man sieht: Die Weihnachts­krippe, wie wir sie pflegen, steht auf tö- nernen Füßen, fasst beide biblische Überliefer­ungen des Geschehens und manches mehr zusammen und bietet eher zu viel als zu wenig. Das war nicht immer so. In den ersten Jahrhunder­ten nach Christi Geburt zeigten die Vorläufer der Krippen nur das Jesuskind mit Ochs und Esel. Die Figur der Maria stieß im Mittelalte­r hinzu, Josef noch später. Dagegen entstanden bereits um das Jahr 500 Bilder, auf denen drei Weise dem Jesuskind Geschenke darbringen. Heute fließen die Darstellun­gen zusammen zum Sinnbild weihnachtl­ichen Friedens.

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FOTO: THINKSTOCK Fresko aus dem 19. Jahrhunder­t in der Erlöserkir­che in Wien.
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