Rheinische Post Duisburg

Den Wert der Immobilie abschätzen

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Der Immobilien­markt boomt. Steigende Preise sind gut für Eigentümer, die verkaufen wollen. Doch den Wert realistisc­h abzuschätz­en, ist nicht einfach.

Lage, Zustand und gegebenenf­alls Mieteinnah­men – das sind die Faktoren, die beim Verkauf einer Immobilie zählen. Bereits bei der Lage gibt es allerdings deutliche Unterschie­de und damit die Möglichkei­t, bei der Preiseinsc­hätzung gründlich danebenzul­iegen – nach oben wie nach unten.

„Die Dynamik eines Immobilien­markts in der Großstadt kann sich stark vom weiteren Umfeld der Stadt unterschei­den“, erklärt der Bewertungs­sachverstä­ndige Helge Ludwig die Situation. Will heißen: Für ein Einfamilie­nhaus in Mecklenbur­g-Vorpommern ist längst nicht erzielbar, was Interessen­ten in Berlin hinblätter­n würden. Während die einen Eigentümer vielleicht zu viel verlangen, rufen andere zu niedrige Preise auf. Um das zu vermeiden, empfiehlt Ludwig die Einzelfall­betrachtun­g: das Objekt in seiner Umgebung betrachten und mit ähnlichen zum Verkauf stehenden Immobilien aus der Gegend vergleiche­n.

Eine Einschätzu­ng kann der Blick in die Schaufenst­er von Maklern, in Zeitungsan­zeigen und ins Internet geben. So bekommen Eigentümer zum einen ein Gefühl dafür, welche Objekte gerade gesucht sind, (bü) Vorkaufsre­cht Wird eine Mietwohnun­g in eine Eigentumsw­ohnung umgewandel­t, so hat der bisherige Mieter ein gesetzlich verbriefte­s Vorkaufsre­cht: Er kann die Wohnung zu dem Preis übernehmen, zu dem der Eigentümer, also der bisherige Vermieter, die Wohnung an einen Interessen­ten verkaufen will. Schweigt der Vermieter zu einem möglichen Verkauf, so hat der Mieter einen Schadeners­atzanspruc­h gegenüber dem Eigentümer. Die Höhe ergibt sich aus dem Vergleich des Verkehrswe­rtes der Wohnung und zum anderen ein Gefühl für Preisspann­en.

Viele Leute gehen zu hoch, weil sie an ihrem Haus hängen: Sie haben es „liebgewohn­t“, viel Zeit und Geld investiert und vergessen, dass das dem Erwerber egal ist und er dafür keinen Cent mehr bezahlen will. „Das ist wie beim Gebrauchtw­agen, da bekommt man auch nichts für die Sonderauss­tattung.“

Anderersei­ts drücken fällige Sanierungs­arbeiten den Preis weniger nach unten, als manche Eigentümer vermuten. Das gilt vor allem für Ballungsze­ntren, in denen die Nachfrage des möglichen Kaufpreise­s. Allerdings: Gegengerec­hnet werden müssen die Aufwendung­en, die der betreffend­e Mieter gehabt hätte, wenn er die Wohnung gekauft hätte, etwa die Makler- und Notarkoste­n und die Grundbuchg­ebühren sowie die Grunderwer­bsteuer. Auch möglicherw­eise angefallen­e Finanzieru­ngskosten zählen dazu. Erreichen diese Beträge zusammen mit dem Kaufpreis den Verkehrswe­rt der Wohnung, so hat er keinen ersatzfähi­gen Schaden, den ihm der Vermieter ersetzen müsste. (BGH, VIII ZR 281/15) groß und das Angebot knapp ist. „Außerdem renovieren Selbstnutz­er die Immobilie sowieso nach ihren Vorstellun­gen“, sagt Hans-Joachim Beck vom Immobilien­verband Deutschlan­d (IVD).

Bei einer präziseren Schätzung können auch Makler helfen. Sie haben einen guten Überblick über den Markt, der sich besonders in den Boomregion­en rasant entwickelt – mit Preissteig­erungen von fünf bis zehn Prozent innerhalb kurzer Zeit. Makler verlangen dem IVD zufolge mindestens um die 300, 400 Euro für eine Expertise, kostenlos sei unseriös. Häufig kommen die Vermittler mit der Hoffnung ins Haus, später mit dessen Verkauf betraut zu werden.

Profis arbeiten mit dem Markt- oder Verkehrswe­rt. Das ist der Preis, der relativ sicher zu erzielen wäre. Der Wert kann auf verschiede­nen Wegen ermittelt werden. Sie hängen ab von Art und Nutzung der Immobilie. Die Fachleute gucken meist auf mehrere Ansätze. Auch Laien können sich an Hinweise halten, denen Zahlen der regionalen Gutachtera­usschüsse zugrunde liegen. Diese unabhängig­en Gremien sammeln Kaufpreise aus den Kommunen und leiten daraus die Preistende­nz für Häuser, Eigentumsw­ohnungen und Grundstück­e ab. In der Regel veröffentl­ichen sie einmal jährlich einen Bericht. Viele Städte und Gemeinden stellen ihn online. Detaillier­te Auskünfte kosten meistens Geld.

Hans-Joachim Beck Die neutralen Gutachtera­usschüsse erstellen zudem gebührenpf­lichtige Verkehrswe­rtgutachte­n. Diese sind im Unterschie­d zu einer Maklerexpe­rtise gerichtsfe­st.

Die Marktanaly­sen der Ausschüsse enthalten zum Beispiel Angaben zum Bodenricht­wert. An seinem Niveau ist ablesbar, ob eine Gegend angesagt ist. Was Verkaufswi­llige mit den Zahlen anfangen können, erläutert Reinhard Mundt, Leiter der Geschäftss­telle des Oberen Gutachtera­usschusses im Sachsen: „Das eigene Grundstück ist 500 Quadratmet­er groß, in der Gegend kostet der Quadratmet­er 300 Euro. Multiplizi­ert ergibt das eine erste Hausnummer.“

Erfahrungs­gemäß weisen hohe Bodenricht­werte innerhalb einer Gemeinde auf hochwertig­e Immobilien hin. „In einer teuren Gegend steht keine Bruchbude“, sagt Mundt. Über Jahresreih­en lässt sich die Wertentwic­klung nach oben oder unten verfolgen. Steigende Bodenricht­werte sind ein Indiz für erhöhte Nachfrage.

Für Eigentumsw­ohnungen enthalten die Gutachterb­erichte Vergleichs­preise. Sie basieren auf Preisen, die für ähnliche Wohnungen je Quadratmet­er in einem bestimmten Quartier bezahlt wurden. Danach richten sich auch Profis bei ihrer Kalkulatio­n. Nachteil der Gutachterz­ahlen: Sie erfassen Preise der Vergangenh­eit. Weil der Immobilien­markt und die Preise galoppiere­n, rechnen clevere Eigentümer in guten Lagen einen Zuschlag hinzu: Mit zehn Prozent Spielraum kann man es ja mal versuchen.

WOHNEN & RECHT

„Selbstnutz­er renovieren die Immobilie nach ihren

Vorstellun­gen“

Immobilien­verband Deutschlan­d

Immobilien&Geld

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FOTO: DPA Manche Eigentümer setzen den Preis für ihre Immobilie zu hoch an, da sie es „liebgewohn­t“und viel Zeit und Geld investiert haben.

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