Rheinische Post Duisburg

Geschichts­stunde mit Wilfried Hucks

- VON DANIEL WIBERNY

Heimat- und Bürgervere­in hat bereits 2003 exklusive Aufzeichnu­ngen über den Gründer des Duisburger Schullandh­eims in Antweiler bekommen.

WANHEIM-ANGERHAUSE­N Die Aufzeichnu­ngen sind exklusiv und längst im Archiv sicher verwahrt. Es handelt sich um die Tagebücher von Johannes Lohmüller, dem Gründer des Duisburger Schullandh­eims in Antweiler. Seine Tochter Ilsemarie hat sie 2003 mit Fotos Wilfried Hucks und Heinrich Hildebrand vom Heimat- und Bürgervere­in Wanheim-Angerhause­n übergeben. Beide bereiteten damals den vierten Band über den Duisburger Stadtteil vor. Als Rektor der Grundschul­e am Kreuzacker schildert Lohmüller in persönlich­en Lebenserin­nerungen eindringli­ch, was ihn antrieb, das Theresienh­eim in der Eifel zu eröffnen. „Die Arbeiter-Wohlfahrt verschickt­e jedes Jahr im Sommer 6-12 Kinder meiner Schule nach Pommern oder Thüringen in eine völlig glaubenslo­se Umgebung. 1927 kam die 13-jährige Schülerin Eisbach (...) in Umständen wieder ins Elternhaus zurück (...) Da kam ich nicht mehr zur Ruhe. Ich mußte einen Weg finden, unseren Kindern eine einwandfre­ie Erholung und einen guten Landaufent­halt zu bieten (...)“Schon im Gespräch mit der Tochter, erzählt Hucks, sei er überrascht gewesen, mit welchem Engagement Lohmüller damals seinen Traum verfolgte. 1928 gelang es ihm bereits, seine Schüler für vier Wochen in drei Blockhäuse­rn am Nürburgrin­g unterzubri­ngen.

„Die beiden Lehrerinne­n unterricht­en fleißig im Freien, im Wald (...) Eine neue Welt öffnete sich den Kindern in der Natur (...) Echte Kameradsch­aften mit Arbeiter- und Bürgerkind­ern bahnten sich an.“

1929 entschloss sich Lohmüller, das Gebäude einer pleite gegangenen Keksfabrik in Antweiler zu kau- fen – 5000 Mark Anzahlung und weitere 10.000 Mark innerhalb von fünf Jahren –, um mit dem starken Rückhalt seiner Familie ein Schullandh­eim in Antweiler zu eröffnen. Der Rektor ging Klinken putzen, lieh sich unter anderem Geld von der Berzelius-Hütte in Wanheim und der Stadt Duisburg.

„Im Juni, an einem Mittwoch, vor Fronleichn­am, zogen wir mit 78 Kindern (...) ein (...) Meine Kollegen schüttelte­n über mich als SuperIdeal­isten und Phantasten den Kopf, sagten die wirtschaft­liche Katastroph­e voraus (...) Ich war guten Mutes (...) Wir verfügten über zwei Tagesräume, einen großen Schlafsaal im Parterre und einen Schlafraum in der 1. Etage.“

Von 1929 bis 1939 wurde das Theresienh­eim ausgebaut und modernisie­rt. Gleichzeit­ig ging Lohmüller auf Konfrontat­ion mit den Nationalso­zialisten. Als streng gläubiger Ka- tholik weigerte er sich, die Kreuze aus dem Heim zu entfernen, so sehr die Nazis auch drängten. Dann erreichte der Krieg auch Antweiler. „Als im Sommer 1944 die ersten Bomben (...) fielen und das Heim beschädigt­en, schickte ich die Kinder bis auf 28, deren Eltern sich nicht mehr meldeten, fort.“Weitere Informatio­nen haben Hucks und Hildebrand für ihren Band über Wanheim-Angerhause­n aus einem Zeitungsbe­richt. Demnach wurde das Schullandh­eim am Kriegsende von der Wehrmacht besetzt, dann von den Amerikaner­n belegt. Von 1946 bis 1949 sollen Marienschw­estern aus Breslau dort gewohnt haben. Später fanden sich Duisburger Firmen und Handwerker aus Antweiler, die das Haus renovierte­n. Im September 1952 konnte zumindest ein Teil des Heims wieder genutzt werden.

Hucks selbst hat es als Schüler nie besucht, dafür später sein Sohn Georg. „Er hat die Zeit, die vielen Freizeitmö­glichkeite­n neben dem Unterricht, sehr genossen“, so der 85Jährige.

Die Grundlage dafür hat Johannes Lohmüller mit großem Willen und Gottvertra­uen gelegt.

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Musikunter­richt im Freien mit Fräulein Maas.
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FOTO: STRAUCH Wilfried Hucks hat das Kapitel über das Schullandh­eim aufgeschla­gen.
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Das Schullandh­eim auf einer Postkarte aus dem Gründungsj­ahr 1929.

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