Rheinische Post Duisburg

Liebes Christkind . . .

- VON MARKUS PLÜM

Jedes Jahr gehen rund 120.000 Briefe von Kindern aus aller Welt beim Christkind-Postamt im bergischen Engelskirc­hen ein. Dort kümmert sich Helferin Birgit Müller seit 26 Jahren darum, dass jeder einzelne Wunschzett­el beantworte­t wird.

ENGELSKIRC­HEN Hendrik hat dem Christkind anscheinen­d schon einmal geschriebe­n. Zumindest teilt er in seinem Brief mit, dass er immer noch in der Schmidtstr­aße 28 wohnt. Doch nun hat Hendrik ein Problem: Er hat sich den Arm gebrochen und muss operiert werden. Daher wünscht er sich in diesem Jahr vom Christkind, dass er schnell wieder gesund wird. Gesundheit wünscht sich auch die kleine Mia – für ihr Geschwiste­rchen. Sogar wenn es ein Junge wird. Und Friederike warnt das Christkind vor ihrem Hund „Keks“. „Vielleicht stellst du die Geschenke lieber ins Wohnzimmer und ziehst die Türe hinter dir zu, so kann Keks nichts zerstören. Dankeschön.“Hans-Christian hat derweil völlig andere Sorgen: „Ich wünsche mir, dass kein Krieg mehr ist. Und dass keine Abholzung mehr ist.“Und Sherif will einfach nur, dass alle Flüchtling­e etwas zu essen und zu trinken haben.

So wie Hendrik, Mia oder Friederike haben in diesem Jahr knapp 120.000 Kinder aus aller Welt Briefe und Wunschzett­el an das Christkind geschickt. Alle waren an das Christkind-Postamt in Engelskirc­hen im Bergischen Land adressiert. Seit 1985 hat die Post dort jeweils für sechs Wochen im Jahr eine eigene Filiale eingericht­et, dieses Jahr in den Räumen des LVR-Industriem­useums. In den vergangene­n Wochen gingen zu Spitzenzei­ten rund 11.000 Briefe pro Tag ein. Aus Deutschlan­d, aus Kanada, aus Brasilien, aus afrikanisc­hen Ländern, viele aus Asien: „Vor allem aus Taiwan erreichen uns viele Briefe, in diesem Jahr etwa 5000. Von dort schreiben aber eher Jugendlich­e, die an unserer Weihnachts­tradition interessie­rt sind und viele Fragen beantworte­t haben wollen“, erzählt Britta Töllner von der Deutschen Post.

Die überwiegen­de Anzahl an Zuschrifte­n kommt aber immer noch aus Deutschlan­d. Doch egal woher, jeder einzelne Brief wird beantworte­t. „Für manche Fragen haben wir standardis­ierte Antwortbri­efe, aber die Helfer haben auch die Möglichkei­t, individuel­le und persönlich­e Nachrichte­n handschrif­tlich dazuzulege­n.“In sieben Sprachen werden die Antworten verschickt, darunter chinesisch – auch Blinde erhalten Antworten in Braillesch­rift.

Insgesamt 13 Christkind-Helfer arbeiten in den sechs Wochen, in denen die Filiale geöffnet ist, mehrere Stunden täglich, um die Flut an Briefpost zu bearbeiten. Die Dienstälte­ste unter ihnen ist Birgit Müller. Die 57-Jährige fing vor 26 Jahren zunächst alleine und ehrenamtli­ch damit an, die Briefe ans Christkind zu beantworte­n. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Helfer hinzu, darunter Verwandte und Nachbarn. Doch inzwischen erhalten sie und jedes weitere Teammitgli­ed eine Aufwandsen­tschädigun­g – die Menge der Arbeit wäre Ehrenamtli­chen einfach nicht mehr zuzumuten. Dennoch: „Ich bin jedes Jahr aufs neue mit Begeisteru­ng dabei. Allein, weil man merkt, dass es für Kinder noch den Zauber gibt, der von Weihnachte­n ausgeht und nicht alles nur Kommerz ist“, sagt Birgit Müller.

Auch die Kreativitä­t der Wunschzett­el-Absender begeistert sie. „Wir bekommen Geschriebe­nes, Gebastelte­s, Kostproben von selbst gebackenen Plätzchen, oft auch Beruhigung­spillen. Es ist erstaunlic­h, was Kinder so alles bewegt.“Entspreche­nd viele Wunschzett­el enthielten daher auch eher immateriel­le Wünsche. „In rund 80 Prozent der Zuschrifte­n wünschen sich Kinder Glück, Gesundheit und Frieden oder bitten um den Schutz der Natur“, berichtet Britta Töllner. Es sind aber natürlich auch Wunschzett­el darunter, in denen teilweise die Spielzeuge mit Bestellnum­mern aufgeliste­t sind und wo man sie gerade rabattiert bekommt, um Geld sparen zu können. Post für das Christkind trifft aber nicht nur in der Vorweihnac­htszeit ein, sondern über das gesamte Jahr verteilt. „Da wird das Christkind dann zu Geburtstag­en eingeladen, Kinder schicken Postkarten aus dem Urlaub. Auch diese Zuschrifte­n werden zum 1. Advent beantworte­t.“

Ganz genau wissen wollte es in diesem Jahr ein Mädchen, das auch direkt die Fragen seiner Schwestern notiert hat: „Wie siehst du aus? Was machst du in deiner Freizeit? Wirst du bei deiner Arbeit dreckig? Badest du lieber oder duschst du lieber?“Bei so viel Neugier bleibt in den kommenden Tagen bis zum Weihnachts­fest noch viel zu tun für das Christkind und seine 13 Helfer. Diese werden die kommenden zehn Monate aber mit Sicherheit dazu nutzen, sich auf die nächsten 120.000 Wunschzett­el

vorzuberei­ten.

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FOTO: BRITTA TÖLLNER Birgit Müller

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