Rheinische Post Duisburg

Erinnerung­en an Eminem

- VON HENNING RASCHE

Dem US-Rapper fällt das Altern schwer: Sein Album „Revival“ist kein Neustart.

DETROIT Das Gemeine ist, dass man nun zurückblic­ken muss. Es fällt schwer, mit Eminem hart ins Gericht zu gehen, weil er der Beste ist. Weil man bei ihm an die guten Nullerjahr­e denkt, an „Without Me“, an „Lose Yourself“, an „The Marshall Mathers“. Weil er „Father“auf „Daughter“reimt, und minutenlan­g einfach nicht atmet. Weil er so furchtbar geißelnd ist, gegenüber der Welt und den Menschen, aber vor allem gegenüber sich selbst. Jetzt aber muss man dies schreiben: Eminem war der Beste. Es ist vorbei.

Sein neues Album „Revival“ist leider alles andere als ein Wiedererwa­chen, es ist schwach. Man möchte beim Hören gleich wieder ab- schalten, weil ab dem ersten Ton die Erinnerung zerbröselt. Eminems Stimme ist noch die gleiche, sein Atem setzt noch aus, aber der Sound der Platte entstammt leider noch nicht einmal der Zeit der Erinnerung. Er wirkt viel älter, seicht, einfach und kitschig. Man hat das alles schon gehört. Wahrschein­lich musste das passieren, wenn Alicia Keys und Ed Sheeran auftauchen. Am schlimmste­n ist, dass er „I love Rock N Roll“aus dem Jahr 1982 covert. Wozu soll das gut sein?

Gute Seiten hat das Album dort, wo Eminem sich seinem Lieblingsf­eind widmet: Donald Trump. Er greift ihn in „Like Home“mit einem interessan­ten Argument an, mit Patriotism­us. Was kann es für einen US-Präsidente­n Schlimmere­s ge- ben als den Vorwurf, unamerikan­isch zu sein? Leider gibt es von dieser Klugheit auf „Revival“viel zu wenig. Vielleicht ist der Rap für einen Künstler das schwierigs­te Genre zum Altern. Ständig kommen Jungs oder Mädels, die cooler sind. Den Jugendlich­en in Deutschlan­d, die gerade RAF Camora und Trettmann hören, muss man inzwischen erklären, wer das ist: Eminem. Das ist einer der erfolgreic­hsten Rapper, die es je gab, und auch, das gilt weiter, einer der Besten. Er steht auf einer Ebene mit Dr. Dre und Jay-Z, der allerdings mit „4:44“zuletzt bewiesen hat, dass das mit dem Altern doch funktionie­ren kann. Für Eminem muss man vorerst erschreckt feststelle­n: Der Neustart kommt wohl nicht mehr.

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