Rheinische Post Duisburg

Fahrzeuge werden immer häufiger zur Waffe

- VON GREGOR MAYNTZ

In Melbourne fuhr ein Mann in eine Menschenme­nge, in Karlsruhe wurde ein IS-Terrorverd­ächtiger festgenomm­en.

BERLIN Ein Jahr nach dem Anschlag mit einem Lastwagen auf den Weihnachts­markt in Berlin hat die Polizei in Karlsruhe einen terrorverd­ächtigen 29-Jährigen festgenomm­en, der mit einem Fahrzeug auf dem Schlosspla­tz Menschen töten wollte. Im australisc­hen Melbourne raste ein 32-Jähriger mit hohem Tempo in eine Menschenme­nge und verletzte 14 Passanten teils schwer. Dies zeigt, dass Fahrzeuge immer mehr zu einer Waffe für Terror und Gewalt werden.

Mit der jüngsten Festnahme bestätigt sich eine Entwicklun­g, vor der die Sicherheit­sbehörden im Zusammenha­ng mit den militärisc­hen Niederlage­n des sogenannte­n Kalifats des Islamische­n Staates wiederholt gewarnt hatten: Dass die Terrororga­nisation Anhänger dazu gewinnen könnte, vermehrt Anschläge in westlichen Ländern vorzuberei­ten. Gerade für die Verwendung von Wagen als Waffe gab es sogar ausgeklüge­lte Handlungsa­nweisungen im Internet.

In dem IS-Propaganda­magazin „Rumiyah“wird für Fahrzeuge als besonders einfach zu besorgende Waffen geworben. Sie seien sogar Messeratte­ntaten vorzuziehe­n, da man nicht überall sicher mit einem Messer hinkomme, Fahrzeuge jedoch als unbedenkli­ch angesehen würden. Von kleineren Autos wird abgeraten, da sie nicht für das gewünschte Ausmaß an Todesopfer­n sorgten. Es gelte auch, den Tatort sorgfältig auszuwähle­n, um einerseits viele Menschen treffen und anderersei­ts zuvor stark beschleuni­gen zu können. Doppelreif­en seien ebenfalls empfehlens­wert, um mehr Ungläubige töten zu können.

In Karlsruhe hatte der Terrorverd­ächtige vor Monaten damit begonnen, den Schlosspar­k auszukunds­chaften. Der in Freiburg geborene Deutsche irakischer Eltern war laut Bundesanwa­ltschaft 2015 und 2016 in den Irak gereist, um sich dort vom IS ausbilden zu lassen. Seit September habe er sich als Fahrer bei Paketdiens­ten beworfen. Er soll geplant haben, in eine Menschenme­nge entlang der Stände an einer Eisfläche zu rasen. In seiner Wohnung wurde islamistis­che Propaganda sichergest­ellt. Gegen ihn wurde Untersuchu­ngshaft angeordnet.

Angesichts der wachsenden Zahl von Angriffen mit Pkw und Lkw begrüßte SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka Überlegung­en der EU, in den nächsten Jahren schrittwei­se automatisi­erte Bremssyste­me bei Neuwagen einzuführe­n. „Dies bietet die Chance, nicht nur die Gefahr von Terrorakte­n mit Kraftfahrz­eugen zu minimieren, sondern auch die Zahl von Verkehrsto­ten zu senken“, sagte Lischka unserer Redaktion. Zu einer ehrlichen Diskussion gehöre allerdings, dass derartige Systeme nie völlig manipulati­onssicher sein dürften.

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