Rheinische Post Duisburg

„Drangsalie­rt von Gott“

- VON JOCHEN WITTMANN

Zum ersten Todestag des Musikers George Michael zeigt Arte eine Dokumentat­ion, an der der Sänger mitgewirkt hat.

LONDON Er mag ein Teenager-Idol und Superstar gewesen sein – doch ein glückliche­r Mensch war George Michael nicht. Der britische Sänger, der am ersten Weihnachts­tag 2016 im Alter von nur 53 Jahren verstarb, hatte mit Schicksals­schlägen zu kämpfen, über die er nie wirklich hinwegkam. Er fühle sich „von Gott drangsalie­rt“, sagte er, und seufzte, als er auf sein Leben zurückblic­kte: „Ich denke, es war alles eine Zeitversch­wendung.“Die Aussagen finden sich in einen Dokumentar­film, an dem der Musiker selbst bis zwei Tage vor seinem Tode gearbeitet hatte. „George Michael: Freedom“wird heute auf Arte gezeigt.

Geboren als Georgios Panayiotou und aufgewachs­en als Sohn eines griechisch­en Einwandere­rs und einer Britin in Nord-London, gelangte George Michael schnell zu Ruhm und Reichtum. 1981, da war er achtzehn Jahre alt, gründete er mit Andrew Ridgeley das Duo Wham!, das in den nächsten fünf Jahren einen Hit nach dem anderen hinlegte und den Sound der 80er Jahre mitprägte. Fünf Jahre später begann er eine Solokarrie­re, die noch erfolgreic­her war. Songs wie „Careless Whisper“, „Faith“oder „Fastlove“wurden zu Ohrwürmern. Bis zu seinem Tod hatte der Popstar mehr als 115 Millionen Tonträger verkauft.

Erfolg machte ihn nicht glücklich. Seine Sexualität hielt George Michael lange geheim. Nicht nur weil sei- ne Familie konservati­v war, auch weil ein schwuler Popstar, so dachte man damals, bei seinen Fans nicht ankommen würde. 1991 lernte George Michael bei einem Musikfesti­val in Rio den Brasiliane­r Anselmo Feleppa kennen. „In dem Moment, als ich ihn sah“, sagt George in der Doku, „wusste ich, dass er Teil meines Lebens werden würde.“Nie habe er derart „selbstlos geliebt“und sei so vorbehaltl­os geliebt worden: Anselmo, so George, „war mein Retter. Einen Gefährten zu dieser Zeit in meinem Leben zu finden, änderte mich.“

Das Glück war von kurzer Dauer. Anselmo hatte Aids. Er starb zwei Jahre später (1993) an einer Hirnblutun­g. „Ich fühlte mich so verdammt drangsalie­rt von Gott“, erinnert sich der Musiker, „ich habe niemals diese Art von Depression erlebt.“Ein zweiter Schicksals­schlag trifft ihn, als seine Mutter an unheilbare­m Krebs erkrankt. Als sie im Februar 1997 stirbt, ist ihr Sohn „spiri- tuell zerschmett­ert. Ein fürchterli­cher, ein grauenvoll­er Verlust“. Die Jahre zwischen der Aids-Diagnose seines Freundes bis zu der Zeit, an dem er allmählich über den Verlust seiner Mutter hinwegkomm­t, bezeichnet George als „konstante Angst. Es war entweder Angst vor dem Tod oder Angst vor dem nächsten Verlust.“

Es war eine Zeit, in der sich der Sänger mit Drogen zu betäuben versuchte. Auch künstleris­ch ging es kaum vorwärts. Stattdesse­n geriet der Sänger in die Schlagzeil­en, als er unter Drogeneinf­luss einen Unfall baute und für vier Wochen ins Gefängnis musste. Davon ist in der Doku keine Rede. Der autobiogra­phische, von George Michael selbst erzählte Film konzentrie­rt sich auf seine „Geschichte, wie Schicksal und Ruhm intervenie­rten“. Schon als Kind habe er „eine verzweifel­te Ambition gehabt, berühmt zu werden. Aber wenn ich nach Glück suchen wollte, war das der falsche Weg“. Es ist ein trauriges Fazit von einem Sänger, der Millionen Menschen glücklich gemacht hatte. Was auf seinem Grabstein stehen solle, wurde er gefragt. „Großartige­r Songwriter. Und ich hoffe, dass die Leute denken, dass ich eine Art Integrität hatte“, antwortete der Brite. „Aber das ist sehr unwahrsche­inlich. Es war alles eine Zeitversch­wendung, vergeblich­e Mühe.“ „Freedom: George Michael“, Arte, Freitag, 21.45 Uhr

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George Michael in Rotterdam im Jahr 2011. Er starb überrasche­nd am 25. Dezember 2016.
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FOTOS: DPA Das britische Pop-Duo Wham! – Andrew Ridgeley (l.) und George Michael, aufgenomme­n 1986.

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