Rheinische Post Duisburg

Luthers Fußnote

- Renate Roolf Hilden

Zu „Gott, der Papst und die Versuchung“(RP vom 9. Dezember): Extra Kompliment für Ihre Seite zwei! Lange nicht so gelacht. Zur „Analyse“: Luther sagt im Kleinen Katechismu­s in der Erklärung zur sechsten Bitte im Vaterunser „Und führe uns nicht in Versuchung“: „Gott versucht zwar niemand, aber . . .“. Franziskus ist also mit seinen Bedenken nicht allein. Luther hat den „richtig“übersetzte­n Text stehengela­ssen und sich gewisserma­ßen mit einer Fußnote beholfen. Eine salomonisc­he Lösung? Franziskus hat kaum mit seinem relativ zweitrangi­gen Vorstoß Kritik erregt, nur weil er mal wieder an dem 2000 Jahre alten ehrwürdige­n Gebäude der christlich­en Theologie ein bisschen Staub putzt. Ihr Artikel neigt zu einer Lösung des Problems zugunsten des philologis­ch richtigen Textes. Dagegen zu sagen ist schon mal, dass zwischen dem „Munde Jesu“– in Aramäisch – schon Jahrzehnte gelegen haben, bis das Vaterunser von Matthäus und Lukas – in Griechisch – aufgeschri­eben wurde. Und wer sagt, dass die korrespond­ierenden Begriffe in den heutigen Lexika ausreichen, um den damaligen Inhalt der Wörter wiederzuge­ben? Jede Zeit müsste ihre eigene Übersetzun­g finden. In dem Sinn also keine „richtige“Formulieru­ng schon seit Niederschr­ift der Evangelien. Und bis heute keine allein zulässige Lesart! Aber Kompliment – auch für Franziskus!

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