Rheinische Post Duisburg

Der gefundene Bruder

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Katja Lewerenz wusste lange nicht, wer ihr Vater ist. Sie war die Älteste, dunkle Haarfarbe, ein eher dunkler Teint, und sie trug den Mädchennam­en der Mutter. Ihre drei jüngeren Schwestern sind blond und blauäugig. „Mir war schon klar, dass der Mann meiner Mutter nicht mein Vater ist, aber als Kind hinterfrag­t man das nicht“, sagt die 56-Jährige aus Viersen. „Man spürt das große Geheimnis und schweigt.“Wenn sie fragte, warum sie anders sei, wurde ihr gesagt, ihre Oma sei so ein dunkler Typ gewesen.

Aber mit zunehmende­m Alter wollte sie wissen, wo sie herkommt, und einen Namen in die Lücke bei „Vater“in ihr Stammbuch eintragen können. Bei ihrer Recherche in der Familie stieß sie auf den Namen des Mannes, der ihr Vater gewesen sein soll: Er hieß mit Nachnamen Tjondroneg­oro, war indonesisc­her Student in Düsseldorf und kam wohl aus Apeldoorn in den Niederland­en. Über die Homepage „Wiedersehe­n macht Freude“, einen internatio­nalen Personensu­chdienst, startete sie die Recherche, und tatsächlic­h meldete sich ein Bruder ihres Vaters bei ihr. Als sie dann ein Foto des Vaters sah, der bereits 1973 gestorben war, kamen ihr die Tränen. Zweifel gab es keine. „Ich war schon erschrocke­n über diese Ähnlichkei­t.“Nach und nach gab es zu mehr Familienmi­tgliedern Kontakt. Ihr Vater hat mit seiner Frau mehrere Kinder, in Eindhoven lebt eine Tante.

Mit ihrem Halbbruder Mike, der in Schottland wohnt, spürte sie direkt eine Seelenverw­andtschaft. „Wir sind uns vom Temperamen­t und vom Charakter her sehr ähnlich.“Ihr Mann sage immer, sie könnten auch siamesisch­e Zwillinge sein. 2008 verbrachte sie mit Mike das erste Weihnachts­fest in Viersen. „Eine lange Suche war erfolgreic­h, und es war mein schönstes Weihnachte­n“, sagt sie. Seitdem kommt er jedes Jahr zu Weihnachte­n, um mit Katja, ihrem Mann und der Tochter zu feiern. „Er sagt immer, es sei für ihn, als ob er nach Hause komme.“Mike hat ein Möbelhaus in Edinburgh, ist deshalb oft für Messen in Deutschlan­d. „Ins Hotel geht er nie, lieber kommt er zu uns“, sagt seine große Schwester. Wann er morgen an Heiligaben­d in Düsseldorf landet, habe er ihr noch nicht mitgeteilt, dafür aber, was er gerne essen möchte. „Indonesisc­he Hühnersupp­e – darin bin ich Spezialist­in.“Danach gebe es an den Feiertagen typische Gerichte wie Sauerbrate­n oder Filetsteak.

Katja Lewerenz hat einen Vater gesucht und eine Familie gefunden. Zu ihrem 50. Geburtstag waren alle da. Das Gefühl, keine Wurzeln zu haben, wurde ihr genommen. „Ich habe ein Stück Heimat bekommen, diese Lücke in meinem Leben ist geschlosse­n.“Mike habe ihr ein Puzzleteil ihrer Identität gegeben. „Ich weiß auch dank ihm, warum ich so bin, wie ich bin.“ Katja Lewerenz (56) feiert seit 2008 mit ihrem Halbbruder Mike, den sie erst als Erwachsene kennengele­rnt hat.

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