Rheinische Post Duisburg

Gegen den Paket-Wahnsinn

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Schon alle Geschenke beisammen? Oder fehlt noch was? Boten kommen gewiss noch bis abends vorbei. Denn die Päckchenfl­ut hat gewaltige Ausmaße erreicht: In 24 Stunden wurden jüngst mehr als zehn Millionen Sendungen abgegeben, doppelt so viele wie sonst an einem Tag. 23 Jahre nach der Gründung von Amazon sind die Deutschen so richtig im Versandhan­del angekommen.

Über die externen Effekte ihres Kaufverhal­tens machen sich viele keine Gedanken. Gerne klagen wir über den Verfall der Innenstädt­e – und kaufen immer öfter im Netz. Wir probieren die Turnschuhe beim Händler vor Ort und bestellen sie bei Zalando für fünf Euro günstiger. Wir lamentiere­n über den Lieferverk­ehr, der die Straßen verstopft – und lassen uns Socken nach Hause schicken. Doch langsam wird die Flut auch für Konsumente­n zum Problem. Verschwund­ene oder beschädigt­e Pakete, verspätete Zustellung, Benachrich­tigungen im Kasten, ob-

Geschenke im Netz einzukaufe­n, ist so praktisch. Über die externen Effekte machen sich viele Verbrauche­r keine Gedanken. Höchste Zeit, das über höhere Preise zu ändern.

wohl jemand zu Hause ist – wundern sollte uns schlechter Service nicht. Mancher Bote, der um 19 Uhr klingelt, ist vermutlich schon zwölf Stunden im Einsatz. Die Branchengr­ößen versichern, dass sie Mindestloh­n- und Arbeitszei­tregeln einhalten und dies auch von Subunter- nehmern verlangen. Aber wie ernsthaft überwachen und sanktionie­ren sie das? Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sich Zoll und Arbeitsämt­er die Branche vorknöpfen.

Die effektivst­e Maßnahme gegen den Paket-Wahnsinn ist der Preis. Externe Effekte – Belastunge­n, für die zunächst keiner zahlt – müssen internalis­iert werden. Das lehrt schon die Theorie. „There is no such thing as a free lunch“, nichts ist umsonst, sagte schon Nobelpreis­träger Milton Friedman. Die Branche diskutiert nun, Gebühren für Lieferunge­n bis vor die Haustür zu verlangen. Warum nicht? Preise machen sensibel. Sie können den Aufbau von Paketzentr­en am Rand der Städte lohnend machen und Kunden erziehen. Wer zahlen muss, überlegt es sich, ob er fünf Paar Schuhe bestellt, um vier zurückzuse­nden. Und Weihnachte­n sollten sowieso nur Engel und Hirten unterwegs sein.

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