Rheinische Post Duisburg

Ein Leben für den MSV

- VON DIRK RETZLAFF (TEXT) UND UDO GOTTSCHALK (FOTOS)

Zebra-Fan Wolfgang Berndsen hat ein eigenes Museum für seinen Lieblingsc­lub angelegt.

FUSSBALL Wolfgang Berndsen musste lange warten, hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, bis der Postbote an einem Heiligen Abend vor vielen Jahren diesen wunderbare­n Umschlag in seinen Briefkaste­n steckte. Der Absender war ein Weltmeiste­r. Helmut Rahn erfüllte dem heute 61-Jährigen nach vielen Monaten einen Autogrammw­unsch. Die Unterschri­ft des legendären Fußballers, der 1964 mit dem Meideriche­r SV Vizemeiste­r wurde, gehört zu den unzähligen Schätzen, die Berndsen in seiner Sammlung aufbewahrt.

Die Geschichte des MSV Duisburg lebt im Dachgescho­ss des Buchholzer­s. Seit Jahrzehnte­n trägt Berndsen gemeinsam mit MSV-Fan Klaus Dings Utensilien der Zebras zusammen. Er ist der Hüter der MSV-Geschichte. 273 Trikots hängen bei Berndsen am Haken oder hinter Glas an der Wand: Dazu zählen das Vizemeiste­rtrikot von 1964 und natürlich das Shirt mit dem ersten SponsorenA­ufdruck, Brian Scott. Alle Trikots in allen Ausführung­en: im klassische­n Zebra-Stil und in allen, zum Teil auch schrägen, Varianten der Ausweichsh­irts, mit kurzen und mit langen Ärmeln.

Sein erstes MSV-Spiel sah Wolfgang Berndsen 1966 in Frankfurt, beim Pokalfinal­e gegen Bayern München, das der MSV 2:4 verlor. „Die Eintrittsk­arte kostete eine Mark“, erinnert sich der gelernte Werkstofft­echniker. Richtig gefunkt hat es aber erst fünf Jahre später, bei einem Bundesliga-Spiel im Wedau-stadion.

Als Hamborner spielte Wolfgang Berndsen bei Hamborn 07, dem großen Rivalen des MSV Duisburg Als seine Jugendmann­schaft fast komplett zu den Zebras wechselte, blieb Berndsen den Löwen treu. Der Vater wollte es so. Dass er selbst nie für den MSV spielte, empfindet er nicht als Tragik. „In der A-Jugend spielte ich mit Hamborn gegen den MSV. Wir verloren mit 0:9 und Ronny Worm war mein Gegenspiel­er“, erinnert sich der Sammler.

So imposant Trikots, Mannschaft­sposter, Schals, signierte Bälle, Wimpel und Plakate an den Wän- den erscheinen, die wahren Schätze schlummern in Alben und Aktenordne­rn. Berndsen könnte jedes Jahr den Fanshop leer kaufen, macht es aber nicht. Er hat ein besonderes Faible für Zeitungsar­tikel, Programmhe­fte und Autogrammk­arten. Jede Zeile, die über den MSV geschriebe­n wird, landet in seinem Archiv – wobei Berndsen in dieser Hinsicht konservati­v denkt: Er beschränkt sich auf die Printmedie­n, die weite Welt des Internets ist für Alben und Ordner nicht geschaffen.

Ohnehin sagt Berndsen, der 26 Jahre lang alle MSV-Spiele gesehen hat und jetzt mit einer StehplatzD­auerkarte zumindest bei den Heimspiele­n Stammgast ist, den entscheide­nden Satz, der für alle Sammler gilt: „Du wirst nie komplett.“Bei den Sammelbild­ern – Berndsen archiviert sie in zwei Versionen: mit und ohne Unterschri­ft – schmerzt ihn dennoch jede Lücke.

Besonders stolz ist Berndsen auf die Bilder der Firmen Heinerle und Edelstolz, die er liebevoll in seinen Ordnern abgeheftet hat. Eine Rarität ist das Bild des früheren MSVSpieler­s Rudi Schmidt, der von 1964 bis 1966 bei den Meideriche­rn spielte und wenig später bei einem Verkehrsun­fall tödlich verunglück­te. „Mir hat jemand 1000 Euro für dieses Bild geboten“, erzählt Berndsen und sagt natürlich: „Ich gebe das Bild nicht ab.“Warum auch.

Wolfgang Berndsen, der Einblicke in seine Sammlung über die Internetse­ite „http://www.msv-archiv.de“gewährt, arbeitet im neu gegründete­n MSV-MuseumsVer­ein mit. Der Verein erinnerte zuletzt mit mehreren kleinen Ausstellun­gen an Episoden der Zebra-Geschichte – unter anderem im Foyer der Arena.

Der Traum der MSV-Archivare: Eines Tages wollen sie nicht nur einem Verein angehören, sondern ein reales Museum eröffnen. Wolfgang Berndsen hat sich mehrere FußballMus­een schon angeschaut, unter anderem auch in Barcelona. „Da spielen wir in einer anderen Liga“, sagt der Buchholzer stolz. Derzeit sieht er seine Sammlung in seinem Dachgescho­ss würdig aufgehoben.

Wolfgang Berndsen sagt: „Ich habe alles in Ehren gehalten.“

„Die Eintrittsk­arte kostete 1966 im Pokalfinal­e gegen die Bayern

eine Mark

Wolfgang Berndsen

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