Rheinische Post Duisburg

Trauer um „Meideriche­r Jung“

- VON DIRK RETZLAFF

Gerd Hennig verstarb am zweiten Weihnachts­tag im Alter von 82 Jahren. Der frühere Bundesliga-Rekord-Unparteiis­che leitete in der höchsten Spielklass­e 161 Partien. Sein Weg mit der Pfeife führte ins Olympia Stadion und ins Camp Nou.

FUSSBALL Nicht nur der MSV schrieb Duisburger Fußball-Geschichte in der Bundesliga. Nahezu zeitgleich war Gerd Hennig in der höchsten deutschen Spielklass­e am Ball. Zwischen 1964 und 1982 leitete der Meideriche­r als Schiedsric­hter 161 Bundesliga-Spiele. 20 Jahre lang war er damit Rekord-Schiri. Am zweiten Weihnachts­tag verstarb Gerd Hennig im Alter von 82 Jahren nach schwerer Krankheit. Nicht nur Duisburg, sondern der deutsche Fußball trauert um ihn.

Gerd Hennig war ein Meideriche­r Junge. Sein Weg führte zum MSV. Und dieser Weg war nicht leicht. Hennig war ein klassische­r Straßenfuß­baller. In einem Internetbe­itrag für den „Zebrastrei­fenblog“erzählte Hennig vor drei Jahren seine Geschichte. Er verliebte sich in den Fußball als Zwölfjähri­ger durch einen Zufall. Sein Onkel nahm ihn mit zu einem Spiel zwischen Hamborn 07 und dem VfvB Ruhrort/Laar ins Schwelgern­stadion.

Fortan wollte Gerd Hennig selbst Fußball spielen. Allerdings fehlte das Geld für Fußballsch­uhe. So kickte er auf der Straße in Holzsandal­en, die ihm sein Vater gebastelt hatte. Ein ehemaliger Klassenkam­erad seiner Mutter, der zahlreiche Schuhpaare besaß, half dem Jungen aus der Patsche. Hennig erinnerte sich: „Ich entschied mich für ein rotbraunes Paar mit Lederstoll­en, das ich kostenlos mitnehmen durfte.

Die einzige Bedingung dabei war, dass ich mich in der folgenden Woche beim damaligen Meideriche­r SV anmeldete. Das war schon lange mein Wunsch.“

Doch schon als 18-Jähriger wechselte Gerd Hennig, der beim MSV als Rechtsauße­n am Ball war, das Metier. Er pfiff ein Jugendspie­l von Rhenania Hamborn. Dass sein Weg mit der Pfeife bis ins Camp Nou nach Barcelona führen würde, wo er 1980 das Supercup-Spiel zwischen „Barca“und Nottingham Forest leitete, war da noch nicht absehbar. Sein Bundesliga-Debüt feierte er 1964 in Bremen beim Spiel zwischen Werder und Hertha BSC. Der Abpfiff erfolgte im würdigen Rahmen. Das DFB-Pokalfinal­e zwischen dem FC Bayern München und dem 1. FC Nürnberg (4:2) am 1. Mai 1982 im Frankfurte­r Waldstadio­n – das legendäre Spiel, in dem Bayern-Stürmer Dieter Hoeneß nach einer Kopfverlet­zung mit einem Turban weiter spielte – war sein letzter Auftritt auf der großen Fußball-Bühne.

Gerd Hennig brachte es auf drei A-Länderspie­le. Er pfiff die Begegnunge­n Schweiz gegen Niederland­e, Luxemburg gegen USA und Belgien gegen Bulgarien. Von 1974 bis 2010 war Gerd Hennig Schiedsric­hterobmann im Kreis Duisburg/Mülheim/Dinslaken.

 ?? FOTO: PRIVAT/IMAGO ?? Gerd Hennig (links) vor zehn Jahren mit der Ehrenurkun­de des DFB. Gerd Hennig (oben) im Münchener Olympia-Stadion zwischen den Kapitänen Willi Schulz (Hamburger SV, links) und Franz Beckenbaue­r (Bayern München).
FOTO: PRIVAT/IMAGO Gerd Hennig (links) vor zehn Jahren mit der Ehrenurkun­de des DFB. Gerd Hennig (oben) im Münchener Olympia-Stadion zwischen den Kapitänen Willi Schulz (Hamburger SV, links) und Franz Beckenbaue­r (Bayern München).
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