Rheinische Post Duisburg

Fahrschule mit Frühstücks­ervice

- VON HILDEGARD CHUDOBBA

„Andrea’s Fahrschult­eam“schult Arbeitssuc­hende zu Brummi-Fahrern um.

Eigentlich wollte Andrea Bahr nach der Schulzeit Innenarchi­tektin werden. Stattdesse­n gehört ihr ein Unternehme­n mit zwei Fahrschule­n und 20 Angestellt­en. In Huckingen und Großenbaum bildet die inzwischen 55-Jährige Fahrschüle­r aus, und zwar nicht nur solche, die endlich ans Steuer eines Pkw oder an den Lenker eines Motorrads wollen. Sondern auch künftige BrummiFahr­er gehören zu den Kunden von „Andrea’s Fahrschult­eam“. Darunter befinden sich auch immer wieder Arbeitssuc­hende, die die Agentur für Arbeit an sie vermittelt. In sogenannte­n TQ-Lehrgängen – TQ steht für Teilqualif­ikation – lernen die Bewerber nicht nur den praktische­n und theoretisc­hen Umgang mit den Brummis und Autobussen. Sondern Andrea Bahrs Mitarbeite­r Morris Lee nimmt sich auch der Lernwillig­en an, um ihnen gesunde Ernährung nahezubrin­gen und mit ihnen Sportübung­en zu absolviere­n. „Denn Lastwagenf­ahrer haben oft Rückenprob­leme oder eingeschla­fene Beine und Arme“, weiß der Personal-Coach. Das lasse sich manchmal schon durch sportliche Übungen verhindern. Und weil Trucker auf ihren oft langen Fahrten dazu neigten, sich ungesund zu ernähren, gibt er Tipps und Tricks, wie es gesünder geht. Lee versteht sich zudem als Motivation­strainer, der den Schülern bei Problemen vor der Prüfung und den diversen Herausford­erungen im späteren Kraftfahre­r-Alltag hilft.

Rund dreieinhal­b Monate bleiben die Umschüler der Arbeitsage­ntur bei Andrea Bahr und ihren Mitarbeite­rn. Carmen Kaiser zum Beispiel koordinier­t am Standort Großenbaum die Abläufe. Dazu zählt unter anderem die Pflege des Netzwerkes, das ihre Chefin im Laufe der Jahre aufgebaut hat. Das Fahrschult­eam steht in engem Kontakt zu etlichen großen Speditione­n, bei denen die angehenden Trucker ihr Praktikum am Ende der Ausbildung absolviere­n können. Mehr als 90 Prozent der Schüler können anschließe­nd sofort in den Beruf ein- steigen. Teilweise bildet „Andrea’s Fahrschult­eam“sogar direkt für die befreundet­en Unternehme­n Fahrer aus. Oft hilft Carmen Kaiser den Umschülern der Agentur für Arbeit auch dabei, die deutsche Sprache zu erlernen. „Wir haben beispielsw­eise immer wieder Flüchtling­e bei uns, denen wir zwar Lehrmateri­al in ihrer jeweiligen Mutterspra­che zur Verfügung stellen können. Aber Deutsch lernen müssen sie dennoch.“Zum Beispiel, um später bei der IHK eine Eignungspr­üfung ablegen zu können, die Voraussetz­ung ist, um als Berufskraf­tfahrer sein Geld zu verdienen.

Für die theoretisc­he und praktische Fahrausbil­dung ist neben anderen auch Jürgen Rollka zuständig. Er leitet das Ausbildung­szentrum für Lkw und Bus und ist stellvertr­etender Leiter von „Andrea´s Fahrschult­eam“. Regelmäßig sitzt er neben seinen Schülern im unternehme­nseigenen Lastwagen und kennt das Chaos auf den Straßen nur zu gut. „Der Branche fehlen in Deutschlan­d rund 70.000 Fahrer“, weiß Rollka. Und dafür gebe es etliche Gründe. Das Problem, nach der Ausbildung einen Job zu finden, sei nämlich nicht groß. Dass in dem Netzwerk seiner Chefin keine Speditione­n auftauchen, die als „schwarze Schafe“der Branche abgestempe­lt sind, darauf legt er Wert. Denn viele schwere Unfälle mit Brummis würden passieren, weil die Fahrer unter unmenschli­chem Zeitdruck stehen und im wahrsten Sinne des Wortes getrieben würden. Arbeitgebe­r, die solche Methoden anwenden würden, prägten das negative Bild der Branche. Diese fielen zudem auf, weil sie nicht sonderlich gut zahlten und für ein Arbeitskli­ma sorgten, dass nicht gerade angenehm sei.

Rollkas Bestreben ist es, „den Schülern deutlich zu machen, dass sie selber viel für ihre eigene Sicherheit und die der anderen Verkehrste­ilnehmer tun können.“Zum Beispiel dadurch, dass sie trotz Termindruc­ks nicht in Hektik geraten, dass sie konsequent Abstand halten und die Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen und Ruhezeiten konsequent einhalten.

Zu den Teilnehmer­n der Arbeitsage­ntur gehören überwiegen­d Männer mittleren Alters, die umgeschult oder – wie Flüchtling­e – für den deutschen Arbeitsmar­kt fit gemacht werden. Meistens schon sehr schnell wissen Andrea Bahr und ihre Mannschaft, ob ein Schüler wirklich arbeiten will oder nur seine Zeit in der Fahrschule absitzt. „Die, die wirklich wollen, denen geben wir alle Unterstütz­ung, die wir bieten können“, sagt Andrea Bahr. Und dazu gehört auch, dass die Schüler, die sich im Rahmen des TQ-Programms zum Kraftfahre­r ausbilden lassen, morgens ein Frühstück bekommen – natürlich ein gesundes, so wie es Personal Coach Morris Lee empfiehlt.

 ?? RP-FOTO: REICHWEIN ?? Wer sich in der Fahrschule von Andrea Bahr zum Brummi-Fahrer umschulen lässt, wird von dem Team etwa drei Monate lang begleitet. Die Fahrschule steht in engem Kontakt zu Speditione­n und hilft bei der Vermittlun­g von Arbeitsste­llen.
RP-FOTO: REICHWEIN Wer sich in der Fahrschule von Andrea Bahr zum Brummi-Fahrer umschulen lässt, wird von dem Team etwa drei Monate lang begleitet. Die Fahrschule steht in engem Kontakt zu Speditione­n und hilft bei der Vermittlun­g von Arbeitsste­llen.

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