Rheinische Post Duisburg

Talkshow-König Armin Laschet

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Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) ist auf der Bundesbühn­e erstaunlic­h präsent. Einer Auswertung des Branchendi­enstes „Meedia“zufolge gehörte er 2017 zur Top-20 der häufigsten Talkshow-Gäste. Die nachrichte­narmen Tage der Weihnachts­zeit nutzte er für fast tägliche Interviews: Seine Einschätzu­ng zur großen Koalition, zur angebliche­n Krise der Kanzlerin und zum Familienna­chzug war bundesweit gefragt – und Laschet antwortete gern.

Nur zu gern, wie seine Kritiker jetzt spotten. Er vergeude seine Kraft mit Gastspiele­n in fernen Bundesländ­ern, während seine Hausarbeit in NRW liegen bleibe.

Der zweite Teil dieser Kritik enthält einen wahren Kern: Wie alle Landesregi­erungen startete auch das Kabinett Laschet nicht so furios wie vor der Wahl versproche­n. Per-

Kaum ein Ministerpr­äsident ist auf der bundespoli­tischen Bühne präsenter als Armin Laschet. Das missfällt manchem. Aber es ist konsequent: Laschet will NRW aus der „Selbstverz­wergung“befreien – wie im Wahlkampf versproche­n.

sonalentsc­heidungen erwiesen sich als unglücklic­h. Die angekündig­ten Sparprojek­te im Landeshaus­halt sucht man vergebens. Die Neuaufstel­lung der Inneren Sicherheit verläuft schleppend. Anstatt Bürokratie abzubauen, schuf Laschet zusätzlich­e Stellen in den Ministerie­n.

Der erste Teil der Kritik aber, der eine Ursache für all das in Laschets Nebenrolle als Bundespoli­tiker sieht, ist falsch. Er muss nicht in der Staatskanz­lei sitzen, um das Land zu regieren. Seinen repräsenta­tiven Verpflicht­ungen in NRW kommt er nach. Ansonsten sollte man einen Ministerpr­äsidenten an seinen Entscheidu­ngen messen und nicht daran, wo er sie trifft.

Außerdem wurde Laschet dafür gewählt, dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland in Berlin wieder mehr Gewicht zu geben. Das war sein Wahlverspr­echen. „Wir wollen zu einem Impulsgebe­r in der deutschen Politik werden. Dafür bringen wir unser Gewicht in Berlin stärker ein“, heißt es im Koalitions­vertrag. Voraussetz­ung dafür ist nun mal, dass Laschet auch als bundespoli­tischer Akteur wahrgenomm­en wird. Das gelingt ihm, und was ist daran schlecht?

Wohin das Gegenteil führt, war bei Amtsvorgän­gerin Hannelore Kraft (SPD) zu studieren. Unter ihrer Führung gab NRW freiwillig die Koordinati­on der SPD-geführten Bundesländ­er ab. Als sie ihre Kandidatur für das Kanzleramt ausschloss („Nie, nie“), wurde ihre persönlich­e Berlin-Abneigung zum Markenzeic­hen ihrer Regentscha­ft. Die „Süddeutsch­e Zeitung“sah darin die „Selbstverz­wergung“von NRW. Die Korrektur dieses Kurses gehört zu den größeren Verdienste­n in Laschets noch junger Amtszeit.

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